Spanien macht manche seiner Züge ab 1. September gratis. FREDA hat sich angesehen, welche Bahnstrecken Teil der Aktion sind und ob auch bahnfahrende Tourist:innen davon profitieren können.
Auch Spanien ächzt unter den gestiegenen Kosten für Energie, Treibstoff und Lebensmittel. Die Inflation ist im Juli 2022 auf 10,8 Prozent gestiegen. Um die Spanier:innen zu entlasten, ruft die Regierung das Null-Euro-Ticket ins Leben. Es ist Teil eines größeren Maßnahmenpakets, das der Ministerpräsident Pedro Sánchez Mitte Juli vorgestellt hat.
Vorerst soll das Ticket für vier Monate gelten – von 1. September bis 31. Dezember. Ob die Regierung die Aktion verlängert, ist derzeit noch offen. Auf 15 bis 20 Prozent mehr Fahrgäste hofft das spanische Ministerium für Verkehr, Mobilität und städtische Agenda in diesen Zeitraum.
Regierung will vor allem Pendler:innen entlasten
Mit dem Null-Euro-Ticket will man vor allem Menschen in die Züge locken, die bisher mit dem Auto in die Arbeit oder zum Studium gependelt sind. Das spiegelt sich auch in der Entscheidung wider, die Freifahrten nicht für das gesamte spanische Zugnetz anzubieten. Folgende Züge kann man mit dem Null-Euro-Ticket fahren:
- Cercanías-Züge
Das sind die Vorortzüge. Sie verbinden die großen spanischen Städte mit ihrem Umland. Cercanías sind vergleichbar mit den österreichischen S-Bahnen. Sie finden sich unter anderen in den Städten Madrid, Valencia, Sevilla und Bilbao.
- Rodalies-Züge
Bei den Rodalies handelt es sich um die Vorortzüge Kataloniens. Sie verbinden Barcelona mit dem Umland. Auch diese Züge sind mit den österreichischen S-Bahnen vergleichbar.
- Media Distancia-Züge
Das sind die Mittelstreckenzüge Spaniens. Als Mittelstrecke gelten in Spanien alle Zugverbindungen, die kürzer als 300 Kilometer sind. Die Media Distancia entsprechen den österreichischen REX- und Intercity-Zügen.
- Züge der mallorquinischen Bahngesellschaft SFM
Zunächst war die Maßnahmen nur für das spanische Festland vorgesehen, wo das staatliche Bahnunternehmen Renfe ein einheitliches Tarifsystem betreibt. Anfang August beschließt die spanische Regierung aber, die Maßnahmen auch auf die Insel Mallorca auszudehnen. Damit sind alle Züge der Insel gratis.
Halbierte Preise in den Hochgeschwindigkeitszügen
Spanien bedient mit seinen AVE-Zügen Europas längstes Hochgeschwindigkeitsnetz. Diese Züge sind nicht Teil der Gratis-Aktion. Allerdings gewährt Renfe 50 Prozent Ermäßigung auf alle AVE-Fahrten, die kürzer als 100 Minuten dauern.
Wie Reisende vom Null-Euro-Ticket profitieren
Auch Menschen ohne spanische Staatsbürgerschaft und ohne Wohnsitz in Spanien können das Null-Euro-Ticket prinzipiell nutzen. Es gibt aber Hürden:
- Man braucht ein Monatsabo oder eine Mehrfahrtenkarte.
Einfach zum Bahnhof kommen und einstiegen, spielt es nicht. Nur wer bereits ein Monatsabo bei Renfe hat oder eine Mehrfahrtenkarte besitzt, kann von den Gratisfahrten profitieren.
- Man muss sich online anmelden.
Wer die Gratisfahrten in Anspruch nehmen möchte, muss sich registrieren. Am leichtesten geht das über die App von Renfe, verfügbar für Android und iOS. Dort erhält man das Ticket dann in Form eines QR-Codes aufs Handy.
- Man muss eine Kaution hinterlegen.
Die Kaution beträgt zehn Euro, wenn man ausschließlich Regionalzüge nutzen möchte. Für die Mittelstreckenzüge beträgt die Kaution 20 Euro.
- Man muss mindestens 16 Fahrten unternehmen.
Renfe erstattet die Kaution nur zurück, wenn man in den vier Monaten, in denen die Maßnahme gilt, mindestens 16 Fahrten gemacht hat.
Diese Punkte machen das Angebot wohl nur für Reisende interessant, die sich mehrere Wochen im Land aufhalten. Das ist kein Zufall. Laut Regierungssprecherin Isabel Rodríguez García sind 200 Millionen Euro für die gratis Zugfahrten veranschlagt. Mit den Hürden will die Regierung sicherstellen, dass es bei dieser Summe bleibt. Man wolle mit dem Geld vor allem heimische Pendler:innen entlasten.
In Deutschland endet das 9-Euro-Ticket
Während das Null-Euro-Ticket am 1. September startet, endet am anderen Ende Europas ein vergleichbares Öffi-Angebot. Bis 31. August konnte man für neun Euro pro Monat den gesamten Nah- und Regionalverkehr Deutschlands nutzen. Das Ticket wurde seit Ende Mai 38 Millionen Mal verkauft. Ob und wie es fortgesetzt wird, darüber wird in Deutschland derzeit intensiv debattiert.
Österreichs Klimaticket als Vorbild
Seit Ende Oktober 2021 gibt es in Österreich das Klimaticket. Für 1.095 Euro im Jahr kann man damit alle öffentlichen Verkehrsmittel des Landes unbegrenzt nützen. Als Ergänzung zum österreichweiten Angebot gibt es auch regionale Tickets, die nur für einzelne Bundesländer gültig sind. Der Erfolg des Tickets zeigt sich auch in den Zahlen. 15 Prozent mehr Fahrgäste zähle man im Vergleich zu vor Corona, meldet die ÖBB. Angesichts dieser Zahlen wundert es nicht, dass Deutschland bereits über ein ähnliches Modell nachdenkt.
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