Sie ist eine traditionsreiche Kulturtechnik, die wir lange stiefmütterlich behandelt haben: die Reparatur. Ein neues Festival lässt sie in Workshops, Ausstellungen und Vorträgen hochleben.
Wo gerade noch ein Riss in der Hose war, sind jetzt bunte Muster zu sehen. Pinke, rote und gelbe Fäden lassen den Riss zwar verschwinden, machen aber auch klar: Diese Hose hat schon viel erlebt. Visible Mending ist die englische Bezeichnung für diesen Modetrend. Zu Deutsch: Sichtbare Flickarbeit. Gestickt, gestopft und genäht haben natürlich auch schon unsere Großeltern. Während sie aber die Nähte geschickt verbergen wollten, feiern viele Menschen heute die Spuren der Zeit. Mit farbenfrohen Fäden, Bügelbildern und Stoffresten unterstreichen sie die Makel ihrer alten Kleidung. Visible Mending hebt die Reparatur wieder in den Rang eines Kunsthandwerks.
Genau das will auch das Re:pair Festival, das heuer erstmals in Wien stattfindet. An 22 Tagen gibt es Veranstaltungen, Vorträge und Workshops rund ums Reparieren – darunter auch einige, bei denen man die Kunst Visible Mendings erlernt. Das Programm verteilt sich auf viele Orte. Bespielt werden unter anderem das Technische Museum, das Volkstheater und das Kunsthistorische Museum. Die Festival-Zentrale ist aber das Wiener Volkskundemuseum. Dort gibt es auch freien Eintritt zu allen Festival-Veranstaltungen und zur Dauerausstellung.
Vor der Wegwerfgesellschaft
Wir haben immer schon repariert. Aus allen Epochen der Menschheitsgeschichte kennt man Gegenstände, auf denen sich Spuren von Reparaturen entdecken lassen. Und genau diese Gegenstände holt das Volkskundemuseum für seine Dauerausstellung aus dem Depot. Sie trägt den Namen „Vor der Wegwerfgesellschaft“ und verdeutlicht damit, dass wir die Reparatur erst vor wenigen Jahrzehnten mit dem Beginn der Massenproduktion verlernt haben. Zu sehen gibt es kunstvoll ausgebesserte Keramik, einen geflickten Lederschlapfen und einen zusammengeklammerten Wäschepracker aus dem 19. Jahrhundert. Normalerweise bekommen wir historische Museumsstücke nur in neuwertigem Zustand zu Gesicht. In dieser Ausstellung sieht man die Spuren der Zeit deutlich und kann die verschiedenen Techniken der Reparatur nachvollziehen.
Warum wir mehr reparieren sollten
Wenn wir die Reparatur wieder in unseren Alltag aufnehmen, leisten wir einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Die Rechnung ist einfach: Wer seine Gebrauchsgegenstände länger nutzt, der muss weniger Neues kaufen. Dadurch produzieren Unternehmen weniger Produkte und wir sparen Ressourcen, Energie und Müll ein. Damit ist die Reparatur nicht nur eine traditionsreiche Kulturtechnik der Vergangenheit, sondern auch für eine nachhaltige Zukunft unentbehrlich.
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