Wer in die Pflege will, musste bisher eine unbezahlte Ausbildung machen. Das soll sich mit der neuen Pflegelehre ändern. Damit bekommen Nachwuchs-Pflegekräfte ab dem ersten Tag ein fixes Einkommen.
In Österreich geht bekanntlich alles ein bisserl langsamer – aber beim Altern können wir auch mit unserer Gemütlichkeit nichts entschleunigen. Österreichs Bevölkerung wird unaufhaltsam älter. Jede:r fünfte Österreicher:in ist über 65 Jahre, zeigen die Zahlen der Statistik Austria. Und diese Menschen haben ein Recht darauf, würdevoll betreut und gepflegt zu werden, wenn sie es benötigen. Dafür brauchen wir aber viele ausgebildete Pflegekräfte im Land.
Bis zum Jahr 2030 benötigt Österreich 76.000 zusätzliche Pflegekräfte.
Aber wie viel Pflegekräfte braucht Österreich zukünftig? Das Sozialministerium hat 2019 eine Studie in Auftrag gegeben, die sich genau dieser Frage widmet. Das Ergebnis: Bis zum Jahr 2030 benötigt der Pflegesektor 76.000 zusätzliche Fachkräfte. Dafür hat zwei Gründe. Einerseits gibt es bis dahin mehr Menschen, die Pflege brauchen. Das bringt eine alternde Bevölkerung mit sich. Andererseits werden natürlich auch die Menschen im Pflegebereich selbst älter und gehen in Pension. Für jede pensionierte Pflegekraft muss eine junge nachrücken. Die Studie aus 2019 kam aber zu dem Entschluss, dass das nicht der Fall ist. Die Absolvent:innen der derzeitigen Pflegeausbildungen reichen nicht aus – und das zeigt sich schon jetzt. Im Jänner 2023 sind 7.500 Stellen im Gesundheits- und Pflegebereich offen.
Mit der Lehre in die Pflege
Deswegen hat die Bundesregierung im Zuge der Pflegereform besonderes Augenmerk auf den Ausbildungsbereich gelegt. Und dabei auf Altbewährtes gesetzt: die Lehre. Sie hat in Österreich eine lange Tradition. Nur in die Pflege nicht. Denn bisher konnten junge Menschen nur über Ausbildungen an Fachhochschulen oder an Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege in den Pflegeberuf einstiegen. Und die haben einen entscheidenden Nachteil zur Lehre.
Fixes Einkommen während der Ausbildung
Sie sind nicht bezahlt. In der Pflegelehre hingegen erhalten alle ab dem ersten Tag ein Lehrlingseinkommen. Das ermöglicht auch Jugendlichen eine Ausbildung in der Pflege, deren Eltern sich eine finanzielle Unterstützung nicht leisten können – etwa während eines FH-Studiums. Lehrlinge im vierten Lehrjahr wird ein Mindesteinkommen von 1.500 Euro pro Monat garantiert. Pflegeeinrichtungen und Pflegeheime, die eine Pflegelehre anbieten, erhalten die betriebliche Lehrstellenförderung, wie das auch bei jeder anderen Lehrausbildung üblich ist.
Viel Praxis in der Lehre
Ein weiterer Vorteil der Lehre: die Praxisnähe. So möchte die Regierung für all jene Menschen den Pflegeberuf zugänglich machen, die lieber im praktischen Umfeld lernen. Lehrlinge können sich zwischen der Lehre zur Pflegefachassistenz (vierjährig) und der Lehre zur Pflegeassistenz (dreijährig) entscheiden. Der Gesetzesentwurf für die Pflegelehre ging Mitte Februar in Begutachtung, Stellungnahmen können noch bis 28. März eingebracht werden. Damit hat die Regierung alle gesetzlichen Vorkehrungen getroffen. Die Umsetzung der Lehre liegt bei den Bundesländern. Vorarlberg, Oberösterreich und Niederösterreich planen bereits ab Herbst 2023 mit Pilotprojekten zu starten.
Jeder vierte Jugendliche findet Pflegeberufe attraktiv.
Junge Menschen möchten anders arbeiten, die Generationen vor ihnen. Sie suchen Jobs mit Sinn und wollen etwas zur Gesellschaft beitragen. Daher verwundert es nicht, dass Pflegeberufe bei jungen Menschen durchaus Interesse wecken. So sagen bei einer Umfrage des Linzer Meinungsforschungsinstituts IMAS 27 Prozent, dass sie den Pflegeberuf sehr oder eher attraktiv finden. Befragt wurden junge Oberösterreicher:innen zwischen 14 und 25 Jahren.
Das zeigt eindeutig: Österreich mangelt es nicht an potenziellem Pflegenachwuchs. Wichtig ist vielmehr, den Weg in den Pflegeberuf reizvoller zu machen. Mit der Pflegelehre gibt es jetzt eine neue Facette in der Ausbildung. Sie spricht all jene an, die auf ein fixes Einkommen in der Ausbildungszeit angewiesen sind und Praxisnähe schätzen.
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