Work-Life-Balance, Digitalisierung und Fachkräftemangel. Die Arbeitswelt befindet sich in einem Umbruch. Wie sie sinnstiftender und gerechter werden kann, damit beschäftigt sich Politikwissenschaftlerin Barbara Prainsack in ihrem neuen Buch „Wofür wir arbeiten“.
Zuerst fleißig lernen und dann hart arbeiten – über Jahrzehnte hinweg galt das als Erfolgsmodell, um finanziell gut abgesichert zu leben. Doch das ist ein alter Glaubenssatz, der heute nicht mehr funktioniert. Immer mehr Menschen können von ihrer Erwerbsarbeit nicht leben. Sie arbeiten 40 Stunden pro Woche und haben trotzdem Probleme, all ihre Rechnungen zu bezahlen und gut fürs Alter vorzusorgen. Harte Arbeit führt nicht mehr automatisch zu Wohlstand. Dass sich etwas ändern muss, liegt auf der Hand. Wie sich etwas ändern kann, zeigt Politikwissenschaftlerin Barbara Prainsack in ihrem neuen Buch „Wofür wir arbeiten“.
Mut zu Utopien
Die Arbeitswelt befindet sich bereits in einer Phase des Umbruchs. Jüngere Generationen legen Wert auf Work-Life-Balance, die Digitalisierung verändert Arbeitsplätze und viele Branchen beklagen einen Arbeits- und Fachkräftemangel.
„Um aus dem Trott auszubrechen und etwas zu ändern, braucht man eine Vision einer Zukunft, für die es sich lohnt, in der Gegenwart etwas zu verändern.“
Auf 140 Seiten spürt Prainsack nach, woran der Arbeitsmarkt aktuell krankt und was unser Verständnis von Arbeit damit zu tun hat. Sie sieht sich an, was sich Arbeitnehmer:innen von ihrer Arbeit erwarten und zeigt auf, wie wir in Zukunft arbeiten können. Dafür fordert sie Mut zu Utopien ein. „Um aus dem Trott auszubrechen und etwas zu ändern, braucht man eine Vision einer Zukunft, für die es sich lohnt, in der Gegenwart etwas zu verändern“, hält die Politikwissenschaftlerin in ihrem Buch fest. Es geht um sinnstiftende Arbeit, kürzere Arbeitszeiten, faire Bezahlung und bedingungsloses Grundeinkommen.
Für kürzere Arbeitszeiten
„Wofür wir arbeiten“ ist im richtigen Moment erschienen. Denn gerade jetzt diskutiert das ganze Land, wie lang wir arbeiten sollen. Ihren Anfang genommen hat die Diskussion nach einem Interview von Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher, in dem er gefordert hat, jenen Menschen, die freiwillig einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen, Sozialleistungen zu kürzen. Während vor allem die Wirtschaft an der 40-Stunde-Woche festhält und die Arbeitszeiten am liebsten sogar noch ausweiten würde, fordert unter anderem die Gewerkschaften eine Arbeitszeitverkürzung. Auch Prainsack spricht sich in ihrem Buch für kürzere Arbeitszeiten aus. Wie davon nicht nur Arbeitnehmer:innen, sondern auch die Wirtschaft profitieren, untermauert die Politikwissenschaftlerin mit Daten: „Die Volksweisheit, dass länger arbeiten nicht unbedingt bessere Ergebnisse bringt, ist übrigens mit Daten belegbar.“
Veränderung als gesamtgesellschaftliche Verantwortung
Wer in der aktuellen Diskussion mitreden möchte und sich für einen Umbruch starkmachen will, für den ist „Wofür wir arbeiten“ eine gute Wissensgrundlage. Prainsack belegt ihre Argumente mit nationalen und internationalen Daten und macht deutlich, warum sich etwas ändern muss. Sie stellt aber auch klar, dass es nicht nur Aufgabe der Wirtschaft ist, etwas zu verändern, zum Beispiel in puncto Bezahlung. „Die Entlohnung von Arbeit muss so gestaltet sein, dass sie einerseits den gesellschaftlichen Wert der Arbeit symbolisiert und andererseits sicherstellt, dass alle genug für ein würdevolles Leben haben. Wenn wir dies ernst nehmen, dann ist die faire Entlohnung von Arbeit nicht nur eine Sache derer, die die Erwerbsarbeit ihrer Beschäftigten bezahlen. Sie ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung“, schreibt Prainsack. Wir müssen alle mitgestalten, damit wir nicht länger von Utopien schwärmen, sondern in ihnen leben.
„Wofür wir arbeiten“ von Barbara Prainsack ist 2023 im Brandstätter Verlag erschienen.