Viele Gefahren für Europas Wasser

Ein neuer Bericht der Europäischen Umweltagentur warnt, dass Europas Wasser gleich von mehreren Seiten bedroht ist. Um unsere Gewässer und unser Trinkwasser zu schützen, müssen wir mit Wasser anders umgehen. Was zu tun ist.

Die europäischen Gewässer geben ein trübes Bild ab. Nur rund vier von zehn sogenannten Oberflächenwasserkörpern – also etwa Seen oder Flüsse – befinden sich in gutem oder sehr gutem Zustand. Obwohl das Problem bekannt ist, hat sich diese Zahl seit 2015 kaum verändert, warnen die Autor:innen des neuen Berichts. Veröffentlicht wurde er von der Europäischen Umweltagentur (kurz EEA), einer EU-Behörde mit Sitz in Kopenhagen.

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„Wir müssen unsere Anstrengungen verdoppeln, um die Gesundheit unserer Gewässer sicherzustellen.“

EEA-Direktorin Leena Ylä-Mononen lässt bei der Vorstellung des Berichts mit einem Appell aufhorchen. „Unsere Gewässer stehen vor noch nie dagewesenen Herausforderungen, die die Wassersicherheit Europas bedrohen. Wir müssen unsere Anstrengungen verdoppeln, um die Gesundheit unserer wertvollen Flüsse, Seen, Küstengewässer und anderen Gewässer wiederherzustellen und sicherzustellen, dass diese lebenswichtige Ressource für künftige Generationen widerstandsfähig und sicher ist.“

Landwirtschaft großes Problem

Die größte Gefahr des Oberflächen- und Grundwassers geht von der Landwirtschaft aus. Schuld ist vor allem der intensive Einsatz von Nährstoffen und Pestiziden. Besonders viele Schwierigkeiten bereiten die sogenannten Ewigkeitschemikalien. Sie verbleiben jahrzehntelang in der Umwelt, weil sie sich nicht oder kaum natürlich abbauen. Sie gelangen in Böden und Gewässer und in weiterer Folge in unsere Nahrungskette. Nahezu 100 Prozent aller Grundwasserkörper seien zum Beispiel mit der Ewigkeitschemikalie TFA verunreinigt, warnt Umweltchemiker Helmut Burtscher-Schaden von Global 2000. Der Umgang mit diesen Chemikalien stellt eine der großen Herausforderungen im Wasserschutz dar.

Was sich ändern müsste

Abhilfe schaffen könnten etwa Änderungen der landwirtschaftlichen Praktiken und neue Technologien, schreibt die EEA. Der Einsatz von Pestizid-Alternativen wie biologischen Schädlingsbekämpfungsmitteln etwa. Aber auch moderne Technik wie die Präzisionslandwirtschaft könnte den Pestizidverbrauch reduzieren. Hierbei werden Daten genutzt, um genau festzulegen, wo und wann Pestizide notwendig sind, wodurch der Eintrag in Böden und Gewässer verringert wird. Als Vorbild könnte zum Beispiel ein großer landwirtschaftlicher Betrieb in Niederösterreich dienen. Dort arbeitet man schon seit Jahrzehnten ohne chemische Dünger und Pestizide.

Aber auch bei einem weiteren Problem der zukünftigen Wasserversorgung spielt die Landwirtschaft eine unrühmliche Rolle. Sie ist der bei weitem größte Netto-Wasserverbraucher in Europa. Und ohne Änderungen der Praktiken wird der Bedarf der Bewässerungslandwirtschaft mit der Klimakrise wahrscheinlich steigen, so der Bericht.

„Ein Drittel aller EU-Bürger:innen ist von Wasserstress betroffen.“

Immer öfter Wasserknappheit in Europa

Auch Wasserstress ist eine wachsende Sorge in Europa. Auf dem ganzen Kontinent werden Dürreperioden häufiger und stärker, insbesondere im Süden Europas führen sie immer öfter zu Wasserknappheit. Dies wirke sich auf die öffentliche Wasserversorgung sowie auf Landwirtschaft und Industrie aus, wird im Bericht angeführt. Bereits heute sind ein Drittel aller EU-Bürger von Wasserstress betroffen. Zahlen, die laut EEA-Bericht in Zukunft aufgrund der Klimakrise wahrscheinlich noch steigen werden. Von Wasserstress wird gesprochen, wenn mehr als 20 Prozent des verfügbaren Wassers vom Menschen genutzt wird.

Weniger Wasser verbrauchen

Dagegen hilft ein geringerer Wasserverbrauch. „Die Reduzierung von Lecks, die Verwendung wassersparender Geräte und Prozesse und die Erhöhung der Wasserwiederverwendung würden die Effizienz verbessern“, sagt die EEA. Auch der Wasserpreis spiele eine Rolle: Er könne unter anderem eine wichtige Triebkraft für die Verringerung des Verbrauchs sein.

Mehr Starkregen

Auch „zu viel“ Wasser wird zu einem immer größeren Problem. Intensive Regenfälle haben in Teilen Europas bereits zugenommen, was zu Überschwemmungen und wachsenden Hochwasserrisiken führe. Mit dem Klimawandel in Europa werde ein erschwingliches und nachhaltiges Hochwasserrisikomanagement immer wichtiger, mahnt der Bericht.

EU-Wasserrahmenrichtlinie nicht umgesetzt

Die EU-Wasserrahmenrichtlinie stellt einen wichtigen gesetzlichen Rahmen zum Schutz der europäischen Gewässer dar. Sie wurde bereits im Jahr 2000 verabschiedet und verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten eigentlich, die Gesundheit ihrer Gewässer zu verbessern und zu bewahren. Der jüngste Bericht der EEA zeigt jedoch, dass viele Länder die Richtlinie auch nach fast 25 Jahren nicht erfüllen.

Um das Wasser in Europa langfristig zu schützen, fordert die EEA daher verstärkte Anstrengungen bei der Umsetzung der Richtlinie, insbesondere angesichts des steigenden Drucks durch Klimakrise, Verschmutzung und landwirtschaftliche Übernutzung.

Europas Wasser ist in Gefahr

Der Bericht der Europäischen Umweltagentur zeigt klar, dass Europas Wasser in Gefahr ist. Diese Warnungen sollten wir ernst nehmen. Der Bericht ist die umfangreichste Bewertung des Zustands der europäischen Gewässer, die je durchgeführt wurden. Mehr als 120.000 Oberflächengewässer und 3,8 Millionen Kilometer Grundwasserfläche in der Europäischen Union und Norwegen haben sich Expert:innen dafür angesehen. Sie wissen also, wovon sie sprechen, wenn sie uns vor den Gefahren der zukünftigen Wasserversorgung warnen.

Endlich handeln

Wir müssen dringend handeln. Europa braucht strengere Regulierungen in der Landwirtschaft, was den Einsatz von Pestiziden angeht. Gleichzeitig sollten wir Techniken fördern, die weniger Wasser und Chemikalien erfordern. Auch Renaturierung ist ein ganz wichtiger Teil von Wasserschutz. Moore und Wälder sind ein natürlicher Wasserschutz und können Wasser aufnehmen. Bei versiegelten Böden fließt das Wasser aus der Region ab. Nur eine ganzheitliche Strategie, von der Reduktion des Wasserverbrauchs bis hin zum Hochwasserschutz, kann auch in Zukunft unserer Gewässer und unser Trinkwasser schützen. (Red./APA)

Über die/den Autor:In

Markus Englisch
Markus Englisch
Markus studierte TV- und Medienproduktion in Wien. Sein größter Antrieb als Journalist ist es, die Klimakrise für alle Menschen begreifbar zu machen. Zuletzt war er als Redakteur bei PULS 4 tätig und leitete das Nachhaltigkeitsmagazin KLIMAHELDiNNEN.

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