Der Hof, wo der Boden lebt

Bio-Landwirtschaft geht auch groß. Das zeigen Maria Harmer und ihr Vater Robert am Gutshof Alt-Prerau. Auf 1.700 Hektar bauen sie Gemüse und Getreide an und schützen dabei den Boden.

Das Handy zeigt am Display bereits die SMS mit der Tarifinfo Tschechien an, wenn man die Straße entlang nach Alt-Prerau fährt. Der Gutshof der Harmers ist noch in Österreich. Genauer gesagt im niederösterreichischen Weinviertel. Tschechien grenzt aber direkt an Alt-Prerau. Maria Harmer betreibt hier mit ihrem Vater Robert eine biologisch-dynamische Landwirtschaft.

Landwirtschaft, die den Boden schützt

Die Harmers zeigen: Bio-Landwirtschaft geht auch groß. Landwirtschaftliche Betriebe können auch so anbauen, dass sie nicht die Böden zerstören, Wildtieren den Lebensraum stehlen und Trinkwasserspeicher an ihre Grenzen bringen. Dass der Boden gesund ist, ist für Maria und Robert Harmer das Wichtigste. Denn nur so bleibt er fruchtbar und kann mit Stresssituationen wie Trockenheit umgehen.

Dem Boden nehmen und geben

Dafür sorgt eine logische Fruchtfolge. Auf Alt-Prerau gilt: Dem Boden wird nicht nur genommen, sondern auch gegeben. Es werden Sorten angebaut, die dem Boden viele Nährstoffe entziehen. Zum Beispiel Kartoffel und Zuckerrüben. Aber es werden auch Sorten angebaut, die dem Boden dabei helfen, wieder Humus aufzubauen. Damit der Boden fruchtbar bleibt, werden zum Beispiel Zwischenfrüchte angebaut oder das Stroh von Getreide und Mais am Feld liegengelassen. Das ist Futter für den Boden und seine Bewohner wie Regenwürmer. Die Bodenlebewesen zersetzen dieses Material und wandeln es in Humus um. Das macht Düngemittel auf Alt-Prerau überflüssig.

biologisch-dynamische Landwirtschaft
Maria Harmer betreibt am Gutshof Alt-Prerau eine biologisch-dynamische Landwirtschaft. © Markus Englisch
Gesundes Niemandsland

Insgesamt 1.700 Hektar Fläche bewirtschaften die Harmers. 500 Hektar in Österreich, 1.200 in Tschechien. Unterhält man sich mit Robert Harmer, dann erfährt man nicht nur viel über biologisch-dynamische Landwirtschaft, sondern auch über Zeitgeschichte. Denn, dass Alt-Prerau so groß ist, wie es heute ist, hat mit dem Fall des Eisernen Vorhangs zu tun. Zwischen der Staatsgrenze und dem Eisernen Vorhang war eine Fläche, die niemanden gehörte und die niemand nutzte. Das sogenannte Niemandsland. Nach dem Zusammenfall des sozialistischen Ostens hat Robert Harmer dort Land gepachtet, später konnte er es kaufen. Der Boden im Niemandsland war gesund. Gesünder als jener in Österreich.

Bio seit 1984

Zu diesem Zeitpunkt hatte Robert Harmer seinen Betrieb bereits auf biologische Landwirtschaft umgestellt. 1984 hat er damit begonnen. „Für einen großen Betrieb war es damals nicht einfach, von den zuständigen Behörden Verständnis zu bekommen“, sagt er. Aber letztendlich ist es ihm gelungen. Unter anderem hat er den Kindernahrungsmittelproduzenten Hipp mit Bio-Karotten beliefert.

„Der Mensch gibt dem Tier, das Tier gibt der Pflanze, die Pflanze gibt dem Tier.“

Seit 17 Jahren ist der Gutshof Alt-Prerau auch Demeter zertifiziert. Demeter ist ein weltweiter Bioverband mit strengen Regeln für biologische Landwirtschaft. Ausschlaggebend dafür war, dass sich nebenan ein Landwirt mit Rindern angesiedelt hat. Für Demeter müssen nämlich Ackerbau und Viehhaltung kombiniert werden. „Wir haben mit den benachbarten Rinderbetrieben wertvolle Partner, mit denen wir eine Futter-Mist-Kooperation eingegangen sind. Wir bekommen Mist und sie bekommen Futtermittel“, beschreibt Maria Harmer die Zusammenarbeit. Davon profitiert der Boden. „Die Rinderhaltung ist essenziell für den Betrieb. Sie fördert die Fruchtbarkeit im Boden und die Qualität ist nachweislich besser“, hält Robert Harmer fest. „Der Mensch gibt dem Tier, das Tier gibt der Pflanze, die Pflanze gibt dem Tier“, führt Tochter Maria weiter aus.

Unabhängig vom Weltmarkt

Die Art und Weise, wie auf Alt Prerau gearbeitet wird, führt dazu, dass kein Dünger benötigt wird. „Wir versuchen hier auf unserem Betrieb so unabhängig wie möglich zu sein. Wir verzichten auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel, auf Düngemittel“, sagt Maria Harmer. Alles, was die Harmers brauchen, haben sie. Bis auf den Diesel für die landwirtschaftlichen Geräte, den müssen sie zukaufen. Alles andere ist ein geschlossener Kreislauf, mit dem Vorteil, dass sie unabhängiger vom Weltmarkt sind. Sie brauchen weder Pestizide noch Dünger zukaufen.

Bodenschutz als oberstes Ziel

Den Boden zu schützen, ist das oberste Ziel der Harmers. Biologisch-dynamische Landwirtschaft ist für sie daher alternativlos. Maria Harmer: „Ich bin aufgewachsen mit der biologischen und biologisch-dynamischen Landwirtschaft und für mich ist das das einzig Richtige, um für die nächsten Generationen einen gesunden, lebendigen Boden und guten Boden zu haben.“

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    Über die/den Autor:In

    Nicole Frisch
    Nicole Frisch
    Nicole studiert Politikwissenschaft und Internationale Entwicklung an der Universität Wien. Das Ziel: Die Weltpolitik verstehen – und das Verstandene mit möglichst vielen Menschen teilen. Ihren Weg in den Journalismus hat sie über die NÖN gefunden. Ihre Schwerpunkte sind soziale Gerechtigkeit, Menschenrechte, Migration und Vergangenheitspolitik.

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