Piste frei für nachhaltigen Wintersport

Die Klimakrise verleiht Österreichs Skigebieten ein neues Gesicht: schmelzende Gletscher, vermehrt grauer Schotter statt weißer Gipfel und grüne Pisten, so weit das Auge reicht. Höchste Zeit sich zu überlegen, wie man dieser Herausforderung bestmöglich entgegenwirken kann – im Interesse der Menschen und im Sinne der Natur.

Die Winter werden immer milder. Dennoch wird der Start der Skisaison nicht verschoben. Stattdessen werden die Pisten künstlich beschneit. Für die Natur ist das alles andere als gesund, und echtes Wintersportfeeling will inmitten grüner Wiesen auch nicht aufkommen. Fakt ist: Die Klimakrise macht auch vor unseren Gebirgsketten keinen Halt. Im Gegenteil, laut Greenpeace erwärmen sich die alpinen Regionen sogar um ein Vielfaches schneller als die Täler. Die Differenz beträgt mittlerweile ganze zwei Grad. Die Folge: Gletscher schmelzen, die Schneefallgrenze steigt, und statt weißer Weihnachten, beginnt es erst im Frühjahr richtig zu schneien. Meteorolog:innen der GeoSphere Austria prognostizieren, dass wir in Zukunft häufiger mit solchen Wintern rechnen müssen. Das könnte fatale Auswirkungen auf den Wintersport-Tourismus haben, sofern sich dieser nicht grundlegend verändert.

Der Alpenverein, als eine der ältesten Naturschutzorganisationen und als größter Bergsportverband Österreichs, hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2033 will er klimaneutral sein. Das bedeutet unter anderem, dass der Alpenverein die öffentliche Anreise seiner Mitglieder unterstützt und Anreize setzt, klimafreundlich unterwegs zu sein.  Auch will der Verein weitere Schutzhütten mit dem Umweltgütesiegel für Alpenvereinshütten auszeichnen, um den Klima-Fußabdruck der Hütten so klein wie möglich zu halten. Um all das zu erreichen, hat der Alpenverein eine eigene Klimastrategie mit umfassenden Maßnahmen entwickelt. Was das genau bedeutet und wie eigentlich ein nachhaltiger Wintersport aussehen kann, erfährt ihr hier:

Der Österreichische Alpenverein hat über 600.000 Mitglieder und betreut 231 Schutzhütten sowie rund 26.000 Kilometer markierte Berg- und Wanderwege.

Plan für die Neuerschließung der Kaunertal Gletscherfläche. Ein großer Bereich von bis dato unberührter Natur müsste für Pisten und Seilbahnen komplett umgebaut werden. © ÖAV Geoinformation
Plan für die Neuerschließung der Kaunertal Gletscherfläche. Ein großer Bereich von bis dato unberührter Natur müsste für Pisten und Seilbahnen komplett verbaut werden. © ÖAV Geoinformation
1. Ausbau weiterer Gletscher für Skigebiete? Nein, danke!

Skifahren unter 1.500 Metern könnte laut Meteorolog:innen der GeoSphere Austria in den kommenden Jahren der Vergangenheit angehören – eine düstere Aussicht für viele Skigebiete. Deshalb planen einige Skianlagenbetreiber:innen, Österreichs letzte naturbelassene Gletscher in Pistenlandschaften zu verwandeln. „Gletscher sind besondere Ökosysteme, weshalb sie in Österreich auch unter strengem Naturschutz stehen“, betont Benjamin Stern vom Alpenverein. Jegliche Verbauung ist daher grundsätzlich verboten. Mit der 2006 in Tirol in Kraft getretenen Raumordnungsprogramm über den Schutz der Gletscher sind Ausnahmen jedoch möglich. Ein Beispiel dafür ist das Projekt zur Erweiterung des Kaunertaler Gletscherskigebiets in Tirol. Im Zuge der Erweiterung soll der Gepatschferner im Kaunertal durch Seilbahnen und Pisten erschlossen werden. „Der Gepatschferner ist zusammen mit dem Kesselwandferner die größte noch zusammenhängende Gletscherfläche in den Ötztaler Alpen. Sie ist bis heute komplett naturbelassen. Eine Erschließung wäre ein massiver Eingriff in ein hochsensibles Ökosystem, in dem auch bedrohte Arten leben“, meint Stern.

„Österreichs Alpen könnten in 50 Jahren eisfrei sein.“

„Österreichs Alpen könnten in 50 Jahren eisfrei sein.“ befürchtet des Alpenverein. „In Zeiten der Klimakrise ist die Erschließung von Gletschern unverantwortlich. Wir brauchen ein Umdenken hin zu einem naturverträglichen Tourismus statt einem weiteren Raubbau an der Natur“, so Stern. Deshalb fordert der Alpenverein auch, dass der absolute Schutz der Gletscher wieder eingeführt wird. Was bedeuten würde, dass jegliche Baumaßnahmen auf Gletschern streng verboten wären – ohne Ausnahmen.

Gemeinsam mit dem Deutschen Alpenverein, den Naturfreunden und dem WWF setzt sich der Österreichische Alpenverein seit Jahren für den Schutz der Gletscher ein. Ein Beispiel dafür war das Großprojekt „Gletscher-Ehe Pitztal-Ötztal„. Im Zuge der Erweiterung wollte man die beiden Gletscherskigebiete Pitztal und Ötztal in Tirol miteinander verbinden. Das Projekt ist von Anfang an auf Widerstand gestoßen, weil der Bau von Pisten und Seilbahnen die unberührte Naturlandschaft im Ötztal massiv beeinträchtigt hätte. Gemeinsam mit weiteren Umweltschutzorganisationen hat sich der Alpenverein daher auch gegen den Bau des Großprojekts eingesetzt. Nach einer negativen Volksabstimmung in der Gemeinde St. Leonhard wurde das Projekt zurückgezogen. Ein scheinbarer Erfolg, der jedoch durch die neuerlichen Expansionspläne der Pitztaler Gletscherbahn im Februar 2023 getrübt wurde. „Wir werden auch diesmal alles dafür tun, um die Erschließung des Linken Fernerkogels mit seinen drei noch naturbelassenen Gletschern zu verhindern“, erklärt Stern.

Wie können wir dabei helfen? „Wichtig ist, dass die Gesellschaft von dem Thema erfährt. Das heißt, man kann sich selbst starkmachen und Projekte zum Schutz der Gletscher ins Leben rufen oder sich bei uns im Verein ehrenamtlich engagieren. Man kann aber auch mit seiner Urlaubsentscheidung Einfluss darauf nehmen, wohin touristische Ressourcen fließen“, erklärt Stern.

Ein Beispiel für sanfte Mobilität sind die Skibusse in der Salzburger Sportwelt. Sie sind für Skifahrer:innen und Snowboarder:innen zu und von den Liftstationen kostenlos. © Wildbild
Ein Beispiel für sanfte Mobilität sind die Skibusse in der Salzburger Sportwelt. Sie sind für Skifahrer:innen und Snowboarder:innen zu und von den Liftstationen kostenlos. © Wildbild
2. Sanfte Mobilität statt Autokolonnen

Alle Mühen helfen aber nicht viel, wenn wir weiterhin in endlosen Autokolonnen die Bergstraßen hinauf tuckern. Rund die Hälfte der CO₂-Emissionen des Wintersport-Tourismus wird durch die An- und Abreise verursacht. Deshalb hat sich der Alpenverein zum Ziel gesetzt, seine Mitglieder zu motivieren und Anreize zu schaffen, um mit dem Bus oder der Bahn statt dem Auto auf den Berg zu fahren. Ein Beispiel dafür ist das Tourenportal alpenvereinaktiv.com. Auf dem Portal kann man gezielt nach Touren suchen, die mit Bus und Bahn erreichbar sind. In einigen Bundesländern ist es zudem möglich, dass Mitglieder übertragbare Klimatickets erhalten. Diese können für die Dauer der Tour ausgeborgt werden, um mit den Öffis anreisen zu können.

3. Nachhaltige Skigebiete sind im Trend

Immer mehr Skigebiete in Österreich setzen auf Nachhaltigkeit. Ein Beispiel dafür ist das Skigebiet Ankogel im Kärntner Mallnitz. Das Dorf im Nationalpark Hohe Tauern hat sich der sanften Mobilität und dem sanften Tourismus verschrieben. So gibt es vor Ort verschiedene Möglichkeiten, ohne Auto von A nach B zu kommen. Beispielsweise gibt es einen kostenlosen Shuttleservice, einen Gratis-Bus, Schnee-Taxis und natürlich die öffentlichen Verkehrsmittel wie Bus und Bahn.

Mallnitz gehört auch zu den Bergsteigerdörfern des Österreichischen Alpenvereins. Die Hütten der Bergsteigerdörfer verfolgen das Ziel, eine ökologische und nachhaltige Bewirtschaftung zu entwickeln, die auf erneuerbare Energien setzt und den Energieverbrauch minimiert, wo immer möglich. Sie fördern auch eine sanfte Mobilität, die auf öffentliche Verkehrsmittel oder alternative Angebote wie Velotaxis zurückgreift. Ein wichtiger Bereich ist auch die Unterstützung von lokalen Produzent:innen und Produkten. So verwenden die Hütten der Bergsteigerdörfer Lebensmittel und Produkte, die vor Ort gewonnen und verarbeitet werden wie Käse, Honig, Schnaps oder Wolle. Aufgrund ihres Engagements im Bereich Umweltschutz sind einige Hütten mit dem Umweltgütesiegel für Alpenvereinshütten des Alpenvereins ausgezeichnet worden. Sie gelten als Vorbild für einen nachhaltigen und umweltfreundlichen Tourismus in den Alpen.

Skating Im Langlaufgebiet Mallnitz © Alpine Pearls
Skating Im Langlaufgebiet Mallnitz © Alpine Pearls
4. Den Berg voll auskosten

Wintersport-Tourismus, allen voran Skifahren, gehört für viele Regionen und Unternehmen zur wichtigsten Einnahmequelle. Doch der Wintersport verändert sich. Umso wichtiger ist es, dass die Skiregionen ihre Angebote erweitern. Alternative Wintersportarten werden daher immer wichtiger. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Zahl der Skifahrer:innen von Jahr zu Jahr abnimmt. Es sollten deshalb auch naturverträgliche Angebote abseits des anlagenbezogenen Wintertourismus geschaffen werden. Dazu gehören Rodeln, Winterwanderungen, Ski-Touren sowie auch Eis- und Langlaufen. Für die meisten dieser Alternativen braucht es weder einen Lift noch präparierte Pisten. Obendrein verursachen diese Sportarten weniger Unfälle und sind auch um einiges billiger – zwei Argumente, mit denen man selbst weniger umweltbewusste Menschen gut überzeugen kann.

5. Den richtigen Berg zur richtigen Zeit

„Die meisten Skifahrer:innen können die vielen Pistenkilometer in einem großen Skigebiet gar nicht abfahren. Da sollte man sich vorweg echt überlegen, ob nicht vielleicht ein kleineres, ruhigeres Skigebiet besser zu seinen Bedürfnissen passt“, erklärt Stern.

Auch der Zeitraum, wann man Skifahren geht, kann für die Umwelt entscheidend sein: Muss man wirklich jedes Wochenende mit dem Auto ins Skigebiet fahren, oder reicht es, weniger häufig zu fahren und dafür länger zu bleiben? Es ist auch wichtig, sich zu fragen, ob man wirklich schon im November auf der Piste sein muss. Wahrscheinlich wird man zu Beginn der Saison Kunstschnee in Kauf nehmen müssen. Besser ist es, ein wenig zu warten und dann frischen Neuschnee zu erleben. Denn wie eine Studie der Südtiroler Grünen erst kürzlich herausgefunden hat, ist der Schnee aus der Kanone ein regelrechter Boden-Killer. Grund dafür ist, dass durch den präparierten Kunstschnee die obersten Bodenschichten gefrieren und dadurch die Vegetation beschädigt wird.

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Über die/den Autor:In

Linda Weidinger
Linda Weidinger
Linda hat Publizistik- und Kommunikationswissenschaft sowie CREOLE an der Uni Wien studiert. Die letzten Jahre arbeitete sie als Journalistin und Social Media-Redakteurin. Ihr Ziel: Die Menschen aufzuklären. Ihr Traum: eine offene, tierliebe und tolerante Gesellschaft. Ihre Schwerpunkte: Gerechtigkeit, Klima- und Umweltschutz.

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