Rudolf der Erste: Wie kleine Gemeinden glücklich und gesund werden

Er wird kein König der Zweitwohnsitzer sein: Rudi Hemetsberger ist der erste grüne Bürgermeister in Oberösterreich. Den Ortskern wachküssen, neue Jobs schaffen und den freien Seezugang erhalten: Wie eine grüne Vision für kleine Gemeinden mit großer Natur aussehen kann.

Stell dir vor, es ist See – aber keiner kommt hin. Genau das passiert im Sommer an “starken” Tagen regelmäßig am Attersee. Es wird heißer, die Menschen wollen Abkühlung. Und wegen Corona lieber in der Umgebung anstatt einer Urlaubsbuchung, die dann wegen einer Quarantäne oder einer Infektion in letzter Sekunde noch hinfällig ist.

Je heißer, desto Stau: An manchen Tagen kommen doppelt so viele Autos an die Badeplätze am Attersee, wie es Parkplätze gibt. Die Bäder sind voll, die Parkplätze sind voll. Und für die Anrainer*innen ist die Lage mittlerweile untragbar geworden.

Die Lösung dafür können also unmöglich noch mehr Parkplätze sein, sondern Alternativen: Parkplätze an der Autobahn mit Shuttle-Dienst zum See, sichere Fahrradstrecken aus dem Umland zum See (derzeit teilen sich die Radler*innen die Straße mit dem Stau).

Das ist aber nicht das einzige Problem, das Rudi Hemetsberger für seine Gemeinde lösen will. Er ist Landtagsabgeordneter in Oberösterreich und hat am 10. Oktober vergangenen Jahres die Stichwahl in Attersee am Attersee gewonnen – der erste grüne Bürgermeister in Oberösterreich. Sein erster Kommentar damals: “Ein historischer Schritt für die Gemeinde, in der Klimaschutz und nachhaltige Kommunalpolitik nun den Stellenwert bekommen, den die Gemeinde braucht und verdient.”

Der Plan für Attersee:

  • Ortskern nach den Wünschen der Bevölkerung wieder wachküssen
  • mehr Menschen für Attersee… aber nicht in Wohnblocks
  • neue Jobs mit grüner Energie
  • freier Zugang zum Attersee

Und was braucht und verdient die Gemeinde: Attersee hat 1.600 Hauptwohnsitze, aber 1.800 Nebenwohnsitze. Nach der Sommersaison ist also der halbe Ort leer. Wo Menschen fehlen, da fehlt auch Infrastruktur: Kindergärten, Schulen und Vereine bluten aus. “Deshalb sagen wir Stopp”, sagt Hemetsberger. “Wir müssen das Verhältnis wieder zugunsten der Hauptwohnsitze umdrehen, Menschen nach Attersee bringen und den Ort wieder mit Leben füllen.” Aber: Das müsse besser gehen als mit den Wohnblocks, die im Ortsteil Oberach geplant waren. “Sozialer Wohnbau ist der richtige Weg, aber nicht mitten im Grünland. So viele Gebäude im Zentrum stehen leer, die können wir reaktivieren. Dann lebt auch der Ort wieder.” Anstatt noch mehr Fläche zu betonieren, könne man die Flächen endlich sinnvoll nützen, die schon da sind. “Der Landungsplatz ist das Juwel von Attersee. Im Moment ist er aber nur ein Parkplatz.” Was genau aus diesem Platz nun werden soll? “Das entscheiden wir mit der Bevölkerung gemeinsam, da stecken wir mitten im Prozess.”

Mit dem EAG, dem “Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz”, das nun endlich auch vom Bundesrat durchgewunken wurde, lassen sich außerdem neue Jobs schaffen – gerade auch in kleinen Gemeinden. Für die Zukunft des oberösterreichischen Wirtschaftsstandortes und unsere Versorgungssicherheit braucht es eine massive Ausbauoffensive für die Erneuerbaren Energieträger Umweltwärme, Biomasse, Biogas, Geothermie, Photovoltaik, Solarthermie, Wasser- und Windkraft … der Bedarf ist riesig.

Unterach am Attersee
© Ubacher Pixabay

„Die Berge, die Seen, die Natur – das gehört uns allen, nicht einem Investor.”

Ein persönliches Anliegen ist Hemetsberger der freie Zugang zum See: “Die Berge, die Seen, die Natur – das gehört uns allen, nicht einem Investor.“ Deshalb will er weitere Verkäufe nicht nur stoppen, sondern auch darüber verhandeln, dass die Gemeinde Flächen zurückkauft und allen Menschen zur Verfügung stellt. Attersee macht einen Neustart. Und was soll am Ende rauskommen? “Eine bessere Lebensqualität für alle Menschen hier. Für die Gäste, aber vor allem für die Bevölkerung von Attersee”, sagt Hemetsberger.

Über die/den Autor:In

Erik Henschel
Erik Henschel
Erik ist studierter Medienmanager und Journalist. Bevor er die Leitung des FREDA Magazins übernahm, war er Programmchef beim Rundfunk. Sein Ziel ist es, verständlich zu informieren und die Herausforderungen unsere Zeit aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten.

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