Altes Haus, neues Leben

Eine junge Familie aus Niederösterreich hat eine alte Fleischerei in ein gemütliches Zuhause verwandelt. Wir haben sie besucht und mit ihnen über ihre Erfahrungen bei der Sanierung gesprochen.

„Da sind früher tote Schweine von der Decke gehangen“, sagt Verena und deutet auf die Decke ihres Wohnzimmers. Sie grinst und wartet auf unsere Reaktion. Wir stehen in den Räumen einer früheren Fleischerei. Dort, wo Verena hinzeigt, war früher ein Kühlraum – davon ist aber längst nichts mehr zu sehen. Statt Schweinen baumeln Designerleuchten von der Decke, statt vielen engen Kammern gibt es heute einen einzigen lichtdurchfluteten Raum.

Eine Familie baut um

Wir sind zu Besuch bei einer jungen Familie in Sankt Pölten. Verena, ihr Partner Johann und Sohn Alex bewohnen am Stadtrand eine ehemalige Fleischerei – und sie fühlen sich pudelwohl! In den letzten Jahren haben sie das Haus Stück für Stück saniert und zu ihrem zu Hause gemacht. Damit haben sie nicht nur ein Stück Familiengeschichte erhalten, sondern auch einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Verena und Johann haben sich Zeit genommen, um mit uns über ihre Haussanierung zu sprechen. Welche Erfahrungen haben sie gemacht, was raten sie anderen Familien und welche Förderungen gibt es?

„Ein Neubau war für uns nie eine Option.“

Einblick in eine erfolgreiche Sanierung

Wir nehmen mit Verena und Johann an einem Holztisch Platz, um all das zu erfahren. Ob sie an irgendeinem Punkt überlegt haben neu zu bauen, wollen wir zu Beginn wissen. Beide lachen. „Ein Reihenhaus aus dem Katalog wäre für uns nie eine Option gewesen“, betont Johann. „Da schaut alles gleich aus.“ Nicken auf der anderen Seite des Tisches. „Was Altes zu erhalten ist schon wirklich schön“, bekräftigt Verena. Sie spürt einen starken Bezug zu dem alten Haus. Es ist Teil ihrer Familiengeschichte, bis 1987 haben ihre Großeltern hier die Fleischerei geführt.

Thermische Sanierung
Johann ist gelernter Schlosser und Landwirt. Bei vielen Arbeitsschritten hat er selbst kräftig anpacken können.
Ein Haus mit guter Substanz

2015 geht das Haus schließlich in ihren Besitz über. „Da zum damaligen Zeitpunkt das Thema Hausplanung aktuell war, fiel uns die Entscheidung leicht“ schildert Verena. Sie sanieren! Dass das mit einem Haus aus den Fünfzigern viel Schweiß und Tränen bedeutet, war beiden klar. „Jetzt bin ich stolz, wenn ich mir das alles hier anschaue. Aber am Weg dorthin ist viel Dreck und Schutt angefallen“, schmunzelt Verena. Beschönigen wollen die beiden nichts. Eine Sanierung bedeutet Arbeit. Ob es beim Umbau sogar Hinterholz 8-Momente gab, fragen wir. Johann lacht und verneint. Es sei zwar manches sehr viel Arbeit gewesen. Aber die Substanz des Gebäudes war gut in Schuss. „Einfach a super Haus, das wär schad‘ drum gewesen“ fasst er es zusammen.

Sanieren ist auch Klimaschutz

Die Sanierung von Gebäuden mit guter Substanz ist aktiver Klimaschutz! Jedes alte Gebäude enthält sogenannte graue Energie. Das ist all jene Energie, die im Laufe des Lebens in ein Haus geflossen ist. Für die Errichtung braucht man Rohstoffe, deren Herstellung Energie kostet. Ein Lastwagen transportiert die Rohstoffe an die Baustelle und Maschinen setzen sie zusammen. Bei all diesen Schritten wird Energie verbraucht und damit Emissionen erzeugt. Wenn man sich für den Abriss und Neubau eines Gebäudes entscheidet, geht das verloren. Mehr noch: Der Abriss selbst erzeugt weitere Emissionen. Wenn man ein bestehendes Gebäude allerdings saniert, kann man die graue Energie nutzen, die bereits in der ursprünglichen Konstruktion steckt – und gleichzeitig Abfall, neue Rohstoffe und damit CO₂ einsparen.

Sohn Alex hält sich am liebsten im großzügigen Wohn- und Essbereich des Hauses auf.
Eine Sanierung kann Stück für Stück erfolgen

In der Nähe hätte eine Familie vor neun Monaten begonnen, ein neues Haus zu bauen, berichten uns Verena und Johann. Und mittlerweile sei es schon fix und fertig. „Aber die haben sich auch alles machen lassen“ fügt Johann rasch hinzu. Er hat bei Sanierung sehr viel selbst gemacht. Das koste zwar Zeit, aber hätte ihnen viel Geld gespart, erzählen Verena und Johann mit Stolz in der Stimme.

Und sie sehen noch einen weiteren finanziellen Vorteil: Eine Sanierung kann Stück für Stück erfolgen. Damit fallen auch die Kosten nicht auf einmal an, sondern verteilen über viele Jahre. Verena, Johann und der damals frisch geborene Alex können 2016 schon nach der ersten Investition – dem Ausbau des ersten Stockes – einziehen. Danach geht die Sanierung Jahr für Jahr voran. Mal mehr, mal weniger. Mittlerweile haben sie die Heizung getauscht, das Erdgeschoss umgebaut, die Fenster ausgewechselt und letztes Jahr schließlich die Fassade thermisch saniert. Mit all diesen Schritten haben sie den Energiebedarf das Hauses stark gesenkt. Auch hier profitiert das Klima. Je weniger Energie wir brauchen, desto besser.

„Für die Förderungen unbedingt alle Rechnungen aufheben.“

Zahlreiche Förderungen für thermische Sanierung

Für viele der Sanierungsmaßnahmen haben Verena und Johann Förderungen in Anspruch genommen, erzählen sie uns. Mit der Förderungsaktion „Raus aus Öl und Gas“ sind sie von ihrem alten Gaskessel auf eine klimafreundliche Hackschnitzelheizung gewechselt. Der Bund habe hier rund 8.000 Euro an Förderung beigesteuert. Auch für den Fenstertausch haben die beiden eine Förderung eingereicht. Wie viel sie hier zurückbekommen, wissen sie noch nicht genau. Bis zu 7.500 Euro könnten es sein. Wichtig sei, sich gut über alle Förderungen zu informieren. „Und die Rechnungen muss man alle aufheben“ lacht Verena und hebt den Finger. Klingt logisch, wird aber oft vergessen. Das Geld kommt dann zurück, sobald der Umbau fertig ist.

Noch gibt es viele Äcker und Wiesen um Sankt Pölten. Aber jedes Jahr werden neue Grünflächen mit Einfamilienhäusern verbaut. © Adobe Stock

„Immer wieder kommen Einheimische auf uns zu“, erzählt uns Verena. „Die freuen sich total, dass wir das Haus erhalten haben.“ Die Älteren erinnern sich noch an Zeiten, in denen hier die Fleischerei war. Hier hat man eingekauft und getratscht. Für sie ist Verenas und Johanns Haus ein Anker inmitten eines sich schnell veränderten Dorfes.

Österreich ist Europameister im Bodenversiegeln

Rund um Sankt Pölten kommen jedes Jahr unzählige neue Einfamilienhäuser hinzu. Das Problem dabei: Durch befestigte Flächen wie Gebäude, Straßen oder Parkplätze werden natürliche Böden verdeckt. Auf diesen versiegelten Flächen können keine Pflanzen mehr wachsen und es gibt weniger Tiere und Insekten. Auch die Erde verändert sich durch die Versiegelung und es gibt weniger Wasser im Boden. Das alles hat schlechte Auswirkungen auf die Umwelt und das Leben von Menschen und Tieren in der Umgebung. Österreich ist in Sachen Bodenversiegelung sogar Europameister. In den letzten zehn Jahren wurden durchschnittlich 24 Fußballfelder pro Tag verbaut.

Viele Neubauten in Sankt Pölten

Das beschäftigt auch Verena und Johann. Bei der Frage, wo genau denn neue Siedlungen entstanden sind, zeigen beide in alle Himmelsrichtungen. „Wenn man davor geht, stehen 50 neue Doppelhäuser“, sagt Verena. „Und dort vorne bei der Brücke nochmal so viele“, ergänzt Johann. Auch das sei ein Grund für die Sanierung und gegen einen Neubau gewesen. Bestehende Gebäude zu nutzen, verhindert weitere Bodenversiegelung.

Durch die niedrigen Heizkosten habe sich die Heizung mittlerweile selbst finanziert, erzählt uns Johann.
Ein Haus mit Charakter

Am Ende unseres Besuches bekommen wir eine kleine Führung. Verena präsentiert uns alle Räume im Obergeschoss und überzeugt uns vom Charme ihres Hauses. Mit viel Liebe zum Detail hat sie Altes mit Neuem kombiniert. Die alte Waage der Fleischerei steht mittlerweile schön inszeniert im Wohnzimmer, der ehemalige Fußboden der Fleischerei ist heute als Detail in einer Schiebetür verbaut. Sie strahlt, während sie uns all das zeigt. Verena begeistert sich für die kleinen Details, Johann für Einsparungspotentiale, wie wir im zweiten Teil der Führung lernen. Er übernimmt und lotst uns in den Keller zur Hackschnitzelheizung.

5.000 Euro Ersparnis im Jahr dank neuer Heizung

Die hätte sich schon selbst finanziert, sagt er uns am Weg nach unten. Früher stand hier ein 40 Jahre alter Gaskessel. „Hätten wir den heute noch, wäre das eine Gasrechnung von wahrscheinlich 6.000 Euro im Jahr“, rechnet Johann vor. Jetzt zahlen sie 1.000 Euro für die Holzschnitzel. Mit dem Heizungstausch haben die beiden die größte Maßnahme zum Schutz des Klimas getroffen. Gas ist ein fossiler Brennstoff. Bei der Wärmeerzeugung entstehen daher Treibhausgase, die die Erderwärmung weiter beschleunigen. Hackschnitzelheizungen hingegen verbrennen Holz, das nur so viel CO₂ freisetzt, wie der Baum während seines Wachstums aufgenommen hat. Johannes leuchtet mit seinem Handy in einen dunklen Raum, der bis zur Decke mit Hackschnitzeln gefüllt ist. Die kommen sogar aus dem eigenen Wald in seiner Heimatgemeinde Wilhelmsburg, erfahren wir.

Durch die Sanierung sei ihnen das Haus so richtig ans Herz gewachsen, erzählen uns Verena und Johann. Heute blicken sie mit Stolz auf ihr Werk.

Was raten sie anderen Familie, die auch sanieren wollen ist, unsere letzte Frage. „Die Beziehung muss stabil sein“, lacht Johann. Dass die beiden die haben, ist klar, wenn man einen Vormittag mit ihnen verbracht hat. Aber mit Tipps geben sind die beiden eher zurückhaltend. Bei einer Sanierung gäbe es keinen fixen Fahrplan, das ist beiden wichtig zu erwähnen. „Jedes Haus ist völlig anders.“ Wir geben uns mit dieser Antwort zufrieden und verabschieden uns. Ein letzter Blick zurück auf das alte Haus. Obwohl es grundlegend saniert wurde und deutlich energieeffizienter ist als noch vor 20 Jahren, hat es seinen Charme definitiv nicht eingebüßt.

Über die/den Autor:In

Markus Englisch
Markus Englisch
Markus studierte TV- und Medienproduktion in Wien. Sein größter Antrieb als Journalist ist es, die Klimakrise für alle Menschen begreifbar zu machen. Zuletzt war er als Redakteur bei PULS 4 tätig und leitete das Nachhaltigkeitsmagazin KLIMAHELDiNNEN.

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