Mit Jahresbeginn 2025 startet die neue vegetarisch-vegane Kochlehre. Bald gibt es also eine Alternative zur traditionellen Kochlehre, die Rücksicht auf die Lebensrealität vieler Menschen nimmt. Evelyn Matejka ist Köchin der ersten veganen Berghütte Österreichs. Sie zeigt schon heute vor, wie gut eine Küche ohne tierische Produkte auch hierzulande ankommt.
Fleischarme Ernährung ist längst kein Nischenthema mehr. Laut Schätzungen der Veganen Gesellschaft Österreich leben in Österreich 2021 rund 840.000 Vegetarier:innen, 106.000 Veganer:innen und über 4,6 Millionen Flexitarier:innen. Tendenz steigend. Über die Hälfte der Österreicher:innen ernährt sich also zu großen Teilen von pflanzlichen Lebensmitteln.
Mit der neuen vegetarisch-veganen Kochlehre geht die Regierung auf die Bedürfnisse und Wünsche der Lehrlinge und Betriebe ein. Die Kochlehre ist nun auch für alle Menschen zugänglich, die aufgrund ihrer persönlichen Ernährungsgewohnheiten eine Lehre in der Gastronomie bisher ausgeschlossen haben. Damit ist die neue Lehre auch ein wichtiger Schritt gegen den Fachkräftemangel in der Gastro. Die Ausbildung wird drei Jahre dauern.
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Mehr InformationenFREDA hat mit Evelyn Matejka gesprochen, Chefköchin der Franz-Fischer-Hütte. Das ist Österreichs erste fleischlose Berghütte. Sie zeigt mit ihrem Betrieb schon lange, wie gut fleischlose Küche in Österreich mittlerweile ankommt.
Trendsetter hoch oben am Berg
In Matejkas Küche werden seit über sieben Jahren vegane Gerichte wie Käferbohnenknödel, geräucherte Knödel oder auch falsches Rührei serviert – und das mit großem Erfolg. Evelyn Matejkas Geheimrezept: urtypische Speisen aus der Region, die mit viel Liebe und ganz ohne tierische Produkte neu interpretiert werden. Das Ergebnis spricht für sich. Volle Tische, ausgebuchte Betten und viele Stammgäste, die eigens für Evelyns Küche die Salzburger Berge hochwandern. Eine Berghütte ohne traditionelle Fleischgerichte mag ungewöhnlich erscheinen, funktioniert aber bestens.
Hauptsache es schmeckt
Vor rund acht Jahren haben Evelyn und ihr Partner Tom die Berghütte übernommen, damals noch mit einer kleinen Fleischkarte. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase stand jedoch schnell fest: Das Fleisch muss weg. Dieser Entschluss ist sowohl von ihrer persönlichen Einstellung, beide essen kein Fleisch, als auch von der Qualität des Fleisches beeinflusst worden: „Für unsere Speisen haben wir AMA-Produkte verwendet. Nachdem es aber gefühlt jede Woche einen Skandal von einem AMA-Gütesiegel-Bauernhof oder -Lieferanten gegeben hat, haben wir uns entschlossen, komplett auf Fleisch zu verzichten“, erklärt Evelyn.
Der Wechsel von Fleisch zu fleischlosen Gerichten ist auf der Berghütte kaum ein Thema gewesen. Evelyn stellte die Gerichte auf den Tisch und die Gäste griffen begeistert zu. „Es wird zwar oft behauptet, dass die Mehrheit der Menschen keine veganen Speisen wollen, aber meiner Meinung nach stimmt das nicht. Es muss nur schmecken, und dann verzichten viele gerne auf Fleisch“, so Evelyn. Angesichts der Klimakrise ist es laut der Köchin auch keine Frage des Wollens mehr. Vielmehr ist es ein Muss, den eigenen Fleischkonsum zu überdenken, zu reduzieren oder im besten Fall ganz zu beenden.
Ein Must-have: Vegane Küche
„Ich habe jetzt schon öfters gelesen, dass sich vor allem ältere Traditionsköche fragen, was die jungen Menschen drei Jahre lang in der veganen Ausbildung lernen sollen. Dabei gibt es so viele fantastische Gemüsesorten und Arten, diese auch zu verarbeiten. Nur eine Handvoll davon werden in vielen Küchen gelehrt oder gar zubereitet“, so die Köchin. Teils fehlt die Erfahrung, teils die Kreativität aus Tomaten, Kürbissen, Zucchini und Co kulinarische Leckerbissen zu zaubern. Seit einigen Jahren gibt Evelyn im Winter daher auch Kochseminare – insbesondere für Köch:innen in Vier- und Fünfsterne-Hotels. Die Seminare sind immer ausgebucht. Ein klares Zeichen, dass es noch große Defizite in der Gemüseküche gibt und Know-how sehr gefragt ist. „Wer am heutigen Markt mithalten möchte, national wie international, für den ist eine vegane Küche ein absolutes Muss“, so Evelyn.
„Wer am heutigen Markt mithalten möchte, für den ist eine vegane Küche ein absolutes Muss.“
Eine vegane Kochlehre ist für Evelyn daher auch völlig logisch. Auf die Frage, ob den Auszubildenden später eventuelle Kenntnisse mit Fleisch oder Fisch fehlen, meint sie: „Wenn ein junger Mensch diesen Weg einschlägt, dann ist das für sie oder ihn nicht nur eine Ausbildung, sondern eine Lebenseinstellung – man lebt das vegan-sein.“ Im Falle einer Veränderung könne man später noch immer eine Weiterbildung machen. Warum Evelyn dann nicht einfach selbst Lehrlinge ausbildet, liegt am Gesetz. Aktuell dürfen nämlich nur Betriebe Lehrlinge ausbilden, die auch Fleisch und Fisch zubereiten. Das heißt, vegane Restaurants wie die Franz-Fischer-Hütte dürfen bis dato nur Hilfskräfte einstellen, aber keine Lehrlinge ausbilden.
Die vegane Kochausbildung
Laut der Berghütten-Köchin sollte sich eine vegane Kochausbildung nicht nur auf die reinen Kochtechniken beschränken, sondern auch ein ganzheitliches Verständnis für die Zusammenhänge zwischen Ernährung, Natur und Nachhaltigkeit vermitteln. Das heißt, die angehenden Köchinnen und Köche sollten lernen, wie man schmackhafte vegane Gerichte zubereitet, aber auch woher die Zutaten stammen, wie sie angebaut werden und welche Auswirkungen all das auf die Umwelt hat. Dazu gehört beispielsweise auch das Wissen über nachhaltigen Anbau, saisonale und regionale Produkte, Ersatzprodukte für tierische Zutaten sowie die Reduzierung von Lebensmittelverschwendung und den Einsatz von umweltfreundlichen Kochmethoden etc. Eine vegane Kochlehre hätte somit auch das Potenzial eine gesellschaftliche Veränderung zu bewirken.
Darüber hinaus ist für die Köchin auch der Gesundheitsaspekt sehr wichtig. „Ich finde, ein essenzieller Teil der Ausbildung sollte die Ernährungslehre sein. Inwiefern kann sich der Fleischkonsum auf die Gesundheit auswirken, worauf sollte ich achten, wenn ich mich rein vegan ernähre. Aber auch, welche Gemüsesorten gibt es und wie können sie harmonisch miteinander kombiniert werden. Das sind alles Dinge, die vegane Köchin oder Köche wissen müssen“, so die Köchin. Eine ideale Kochausbildung wäre für Evelyn dementsprechend eine Kombination aus Ernährungs- und Naturwissenschaft, Pflanzenkunde und die Zubereitung veganer Speisen.
Macht Platz für die Zukunft
„Es ist Zeit, dass wir endlich alte Muster ablegen und Traditionsspeisen wie Wiener Schnitzel überdenken“, meint die Köchin. Aktuell hinkt Österreich in Sache vegane Ernährung international noch weit hinten nach. „Blickt man beispielsweise nach Dänemark, dort war die Küche früher nicht besonders spektakulär. Seitdem sie sich aber auf eine fleischlose Küche spezialisiert haben, entstehen dort die außergewöhnlichsten Speisen.“ Das könnte Österreich auch schaffen, meint die Köchin.
Auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel ist eine vegane Kochausbildung laut Evelyn sehr zu befürworten. Denn Fakt ist: Rund ein Viertel der Jugendlichen ernährt sich vorwiegend fleischlos. In einem Betrieb zu arbeiten, in dem Fleisch zubereitet wird, ist für viele ein No-Go. „Wir haben beispielsweise dieses Jahr eine Stelle ausgeschrieben – eine Hilfskraft für die Küche. Auf diese Anzeige haben sich über 100 Personen beworben. Und das, obwohl es eigentlich in der Gastronomie aktuell zu wenig Fachkräfte gibt“, erzählt Evelyn. Von dem ist in der Berghütte nichts zu spüren. Auch letztes Jahr haben sich über 80 Personen auf eine ausgeschriebene Stelle in der Küche beworben. Der Grund dafür ist laut Evelyn ganz einfach: „Wir leben gesund, nachhaltig, regional und biologisch und das spricht viele junge Menschen an.“
Anmerkung der Redaktion: Dieser Text ist im Original von Linda Weidinger erschienen und wurde im Juni 2024 adaptiert und neu veröffentlicht.