Sie raucht nicht, sie stinkt nicht, aber sie ist verdammt gefährlich. Das wissen wir seit Tschernobyl, das wissen wir seit Fukushima. Aber wieso behaupten dann immer wieder Politiker:innen, die Atomkraft sei nachhaltig?
Die EU-Kommission hat Atomkraft offiziell ein grünes Siegel verliehen und sie als nachhaltige Energie eingestuft.
Seit Monaten hören und lesen wir in diesem Zusammenhang immer wieder die Frage: Ist Atomkraft nachhaltig? Anders ausgedrückt, könnte man auch sagen, ist Atomkraft grün und hilft sie dem Klimaschutz? Die Kommission findet ja. Zumindest vorübergehend.
Es geht um die grüne Taxonomie der Europäischen Union. Diese soll in Zukunft regeln, welche Finanzprodukte dem Klimaschutz nützen und als nachhaltig eingestuft werden können. Damit soll in den kommenden Jahren die Finanzierung der Klimawende angekurbelt werden. Denn die EU möchte bis 2050 klimaneutral sein. Wer also in eine grüne und nachhaltige Zukunft investieren will, steckt sein Geld jetzt mitunter auch in Atomkraft. Und das mit dem Segen der EU.
Etwa ein Viertel aller Kernreaktoren weltweit stehen in Europa
Rund die Hälfte der EU- Mitgliedsstaaten betreibt Atomkraftwerke. In Zahlen sind das knapp über 100. Über die Hälfte davon stehen in Frankreich. Dort ist kein Atomausstieg geplant, lediglich eine Reduzierung des Anteils auf die Hälfte in den kommenden Jahren. Deutschland zum Beispiel hat aktuell noch 3 Kernkraftwerke in Betrieb und plant die komplette Abschaltung bis zum Ende des Jahres. Die deutsche Regierung lehnt die nachhaltige Einstufung von Atomkraft der EU-Kommission konsequenterweise klar ab. Ebenso wie die Bundesregierung in Österreich. Dabei gibt es hier gar kein Atomkraftwerk. Das fertig gebaute AKW Zwentendorf ging nach der Volksabstimmung Ende der Siebziger Jahre nie ans Netz und seit 1999 ist die Nutzung von Kernkraft zur Energiegewinnung in Österreich sogar per Verfassung verboten. Gegen die aktuellen Taxonomie-Pläne der EU-Kommission will die Regierung bei Inkrafttreten vor dem Europäischen Gerichtshof klagen. „Greenwashing von Atomkraft“ kritisiert die grüne Klimaschutzministerin Leonore Gewessler die Nachhaltigkeitseinstufung der EU.
„Die Atomkraft ist eine Technologie der Vergangenheit.“ L. Gewessler
Und was keine Zukunft haben soll, sollte auch nicht als nachhaltig eingestuft werden. Auch nicht vorübergehend. Atomkraftwerke zu bauen und zu betreiben ist teuer. Sie zurück zu bauen ebenso. Die Kosten der Endlagerung des anfallenden nuklearen Mülls sind nach wie vor ziemlich unklar und wird noch viele Generationen beschäftigen. Finanziell, sowie auch unter Aspekten der Sicherheit. Statistisch gesehen sind Atomkraftwerke heutzutage zwar relativ sicher und die Risiken klein, kommt es aber dennoch zu einem Zwischenfall, können die Schäden katastrophale Ausmaße annehmen. Und diese machen vor Landesgrenzen nicht halt. Es stellt sich also nicht die Frage, warum sich das AKW- lose Österreich so vehement gegen eine nachhaltige Einstufung von Atomkraft einsetzt. In einem ernsten Havariefall ist es schlichtweg egal, ob dieser in Österreich oder einem seiner Nachbarländer passiert. Das Problem ist sofort ein globales.
Atomkraft ist keine nachhaltige Energiequelle
Atomkraftwerke verlagern ungelöste Probleme in die Zukunft. Wir übergeben damit den nächsten Generationen unabsehbare und teure Altlasten. Das ist weder nachhaltig und zudem in der Außenwirkung ein völlig falsches Signal. Es verlangsamt das Bestreben nach einem EU- weiten Atomausstieg und hemmt Innovationen in erneuerbare Energiequellen. Wer sein Geld in eine nachhaltige, grüne Zukunft investiert, sollte das auch mit wirklich gutem Gewissen machen können. Und nicht „vorübergehend“ damit eine, in der Zukunft teure Vergangenheit mitfinanzieren.
- FREDA Talk: Grüner Atomstrom?
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