CO₂ aus der Luft einfach in den Boden pumpen und so die Klimakrise lösen? Klingt vielversprechend, so einfach ist es aber leider nicht. In Österreich ist die CO₂-Speicherung im Boden aktuell noch verboten. Aber die Regierung hat Ende Juni einen Leitfaden veröffentlicht, der die Weichen für eine Gesetzesänderung stellt. Und in anderen Ländern wird die Technologie schon länger genutzt. Wie funktioniert das genau? Und werden wir damit die Klimakrise lösen? Wir haben den Überblick.
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Mehr InformationenCO₂ aus der Luft holen – geht das denn überhaupt?
CO₂ kann auf natürliche Weise gespeichert werden, etwa durch die Pflanzung von Bäumen oder die Vernässung von Mooren. Auch die Verwitterung von Gestein bindet CO₂.
Aber es gibt eben auch technische Arten, CO₂ einzufangen und langfristig zu binden. Bei Carbon Capture and Storage (CCS) etwa wird CO₂ aus der Luft oder den Abgasen von Kraftwerken abgefangen. Das Gas wird dann entweder direkt vor Ort unter der Erde oder dem Meer eingelagert. Oder es wird über Pipelines, in Tankwägen oder Schiffen zum Speicherort gebracht. Geeignete Standorte dafür sind zum Beispiel leere Öl- und Gasfelder oder sogenannte Salzaquifere – lockere Gesteinsschichten mit Salzwasser.
Daneben gibt es noch die direkte Abtrennung von CO₂ aus der Luft (DACCS) oder die Kombination aus Bioenergiegewinnung und CCS (BECCS), wo CO₂ beispielsweise bei der Verbrennung von Holz aufgefangen wird.
Der eingefangene Kohlenstoff kann neben der unterirdischen Speicherung auch in Produkten wie Düngemitteln oder Kunststoffen gebunden werden. Diese Kohlenstoffnutzung (CCU) sollte jedoch nicht mit einer dauerhaften Entnahme verwechselt werden, da das CO₂ wieder freigesetzt werden kann.
Ist das auch wirklich umsetzbar?
Aktuell wird viel zur CO₂-Entnahme geforscht und es gibt in einigen Ländern Projekte, die die neuen Technologien bereits in kleinem Umfang einsetzen. Norwegen beispielsweise pumpt schon länger CO₂ in alte Gasfelder. Die Offshore-Projekte Sleipner und Snøhvit sind seit 1996 und 2008 in Betrieb.
Werden wir damit also den Kampf gegen die Klimakrise gewinnen?
Derzeit wird zwar bereits CO₂ aus der Atmosphäre geholt, aber vor allem durch Aufforstung. Durch die neueren Technologien wie CCS wird gerade mal ein Tausendstel unserer jährlichen CO₂-Emissionen gespeichert.
Theoretisch könnten weltweit etwa 10.000 Gigatonnen CO₂ unterirdisch eingelagert werden. Realistisch nutzbar sind jedoch nur etwa 1.000 Gigatonnen und die Speichermöglichkeiten sind regional auch sehr unterschiedlich verteilt.
Sind diese Technologien gefährlich?
Mögliche Risiken sind der unerwartete Austritt von CO₂, lokale Erdbeben oder das Eindringen von Salzwasser ins Grundwasser. Obwohl es bei den Pilotprojekten einige unerwartete Herausforderungen gab, sind die Risiken von CCS laut Expert:innen bei gutem Monitoring und geeigneten Standorten gering. Die Technologie gilt als relativ sicher. Dennoch braucht es eine kontinuierliche Überwachung und Wartung der Speicherorte, möglicherweise über Jahrhunderte. Und Langzeitstudien zu den Folgen gibt es offensichtlich noch nicht.
Eine weitere Herausforderung sind die hohen Kosten, sowie der Energie- und Wasserbedarf für Betrieb und Kühlung. Die Entwicklungen gehen dabei viel langsamer voran, als ursprünglich erwartet. Zum Vergleich: Bei anderen grünen Technologien wie der Gewinnung von erneuerbarem Strom durch Photovoltaik gab es viel schnellere Fortschritte und Kostensenkungen. Eventuell bleibt für CCS im großen Stil einfach nicht mehr genug Zeit.
Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass gewisse Länder ihr CO₂ einfach in anderen Staatsgebieten ablagern, ähnlich wie beim Müll-Tourismus. Und: Teilweise wird CCS auch noch für die Gewinnung von fossilen Brennstoffen genutzt – in den USA und Kanada wird CO₂ etwa in alte Öl- und Gasfelder gedrückt, um auch noch die letzten Reste hervorzuholen.
Wie viel kostet das alles?
Aktuell kostet CCS zwischen 150 und 250 Euro pro Tonne CO₂, bei der direkten Abscheidung aus der Luft (DACCS) sogar bis zu 1000 Euro. Die weltweit größte DACCS-Anlage wurde erst im Mai 2024 in Island in Betrieb genommen. Im Vergleich dazu ist die CO₂-Speicherung durch natürliche Methoden wie Aufforstung oder der Vernässung von Mooren viel günstiger.
Sollen wir die Technologien zur CO₂-Speicherung also nicht nutzen?
2050 müssen wir klimaneutral sein. Das wird sich ganz ohne technische CO₂-Entnahme nicht ausgehen, wie auch der Weltklimarat (IPCC) betont. Dieser rechnet in allen Reduktionsszenarien mit „negativen Emissionen“ – also der CO₂-Entnahme über Aufforstung und Renaturierung, aber auch durch CCS, BECCS und DACCS. Die neuen Technologien sollten wir jedoch vor allem für die Reduktion von schwer vermeidbaren Emissionen in gewissen Industriesektoren nutzen. Und sie sollten auf keinen Fall der verlängerten Nutzung von fossilen Brennstoffen dienen.
Wie geht es also weiter?
Langfristig werden die Technologien zur CO₂-Entnahme als ergänzende Maßnahmen für schwer vermeidbare Emissionen also notwendig sein, um unsere Klimaziele zu erreichen. Unser Fokus muss aber weiterhin auf der Reduktion unserer Emissionen liegen. Das betont auch die österreichische Regierung.
Es ist unwahrscheinlich, dass ein entsprechendes Gesetz zur geologischen Speicherung von CO₂ in Österreich noch vor der Nationalratswahl im September kommt. Was uns also bleibt: Unsere vereinten Kräfte auf Klimaschutz und die Verringerung unserer Emissionen zu richten.