Vielfalt ist unsere Lebensgrundlage

Damit unser Planet lebenswert bleibt, müssen wir nicht nur das Klima schützen, sondern auch die Biodiversität erhalten. Bei der UN-Weltbiodiversitätskonferenz (COP15) in Montreal wurden nun Maßnahmen dafür beschlossen. Unter anderem sollen 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen bis 2030 unter Naturschutz gestellt werden. 

Tiere und Pflanzen haben in unserem Ökosystem eine wichtige Rolle. Es ist wie in einer Großfamilie. Jede:r übernimmt eine bestimmte Rolle, vom Kochen übers Putzen und Kinder erziehen bis hin zu Reparaturarbeiten an Haus oder Wohnung. Wenn jemand ausfällt, wird es schwierig, einen reibungslosen Ablauf zu sichern. Dennoch kann in einer Familie relativ schnell jemand einspringen und die Aufgaben anderer übernehmen. Anders ist das in der Natur. Pflanzen und Tiere können nicht so schnell die Aufgabe anderer Arten übernehmen. Verliert eine Pflanze ihre Bestäuber, wird es schwierig für sie, zu überleben. Die Natur ist flexibel und sie hält viel aus. Aber irgendwann stößt auch sie an ihre Grenzen. Das hat drastische Konsequenzen für das Leben auf der Erde – und damit auch für uns Menschen. Es liegt daher an uns Menschen, die Biodiversität zu erhalten und für ein stabiles Ökosystem zu sorgen.

Einigung nach langen Verhandlungen

Bei der UN-Weltbiodiversitätskonferenz (COP15) in Montreal haben rund 200 Teilnehmerstaaten zwei Wochen lang verhandelt, mit welchen Maßnahmen das gelingen kann. Unter anderem hat man sich darauf geeinigt, dass 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen bis 2030 zu Schutzgebieten erklärt und entsprechend geschützt werden müssen. Zudem sollen die reicheren Länder die ärmeren Länder beim Naturschutz finanziell unterstützen. Vereinbart wurden 20 Milliarden Dollar jährlich bis 2025. Bis 2030 soll diese Summe auf 30 Milliarden Dollar jährlich anwachsen.

Leistungen indigener Völker wurden anerkannt

Im Vorfeld der COP15 wurde auch der Schutz der Rechte indigener Völker diskutiert. In der Abschlusserklärung wurde nun deren Rolle beim Erhalt der Biodiversität anerkannt. Von vielen Beobachter:innen wird das bereits als Erfolg gewertet. Indigene Völker leisten einen unfassbar wichtigen Beitrag für den Arten- und Naturschutz. Indigene machen gerade einmal fünf Prozent der Weltbevölkerung aus, gleichzeitig befinden sich in ihren Lebensräumen 80 Prozent der noch intakten Biodiversität. Sie leben im Einklang mit der Natur und beuten sie nicht aus. Beim Arten- und Naturschutz können wir daher viel von ihnen lernen.

Ein Beispiel ist die Renaturierung der Shinnecock-Bay, einer 40 Quadratkilometer großen Bucht im Osten von Long Island. Das Wasser war mit Chemikalien aus Klärtanks verschmutzt, zudem war die Bucht leergefischt. Um wieder Leben in die Bucht zu bringen, lernten die Forscher:innen von den indigenen Shinnecocks, die auf der anderen Seite der Bucht leben. Sie setzen auf lange Austernbänke. Bis zu 190 Liter Wasser kann eine einzige Auster am Tag filtern. Die Forscher:innen züchteten also Austern und setzten sie in der Bucht aus. Diese Gebiete stellten sie zudem unter Schutz, damit die Muscheln nicht wieder rausgefischt werden. Mittlerweile ist das Wasser so rein, dass Fische und sogar Wale und Delfine in die Shinnecock-Bay zurückgekehrt sind.

Gesetzte Ziele müssen in Tat umgesetzt werden

Die Staatengemeinschaft hat sich im Abschlussdokument weiters darauf geeinigt, dass die globale Lebensmittelverschwendung sowie das Risiko für Mensch und Umwelt durch Pestizide bis 2030 halbiert werden müssen. „Die Einigung auf der Weltbiodiversitätskonferenz sendet ein historisches Signal in die Welt. Wir machen den Schutz unserer Artenvielfalt – unserer Lebensgrundlage – zur Priorität“, sagt Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, die an der COP15 teilgenommen hat. Nun geht es darum, die Ziele auch in die Tat umzusetzen. Und dafür müssen alle an einem Strang ziehen. Denn die Biodiversitätskrise ist – wie auch die Klimakrise – eine globale Herausforderung, die nur gemeinsam gelöst werden kann.

„Wir machen den Schutz unserer Artenvielfalt – unserer Lebensgrundlage – zur Priorität.“

Das Klimaschutzministerium hat letzte Woche die österreichische Biodiversitätsstrategie veröffentlicht. Auch in dieser sollen bis 2030 30 Prozent der Landesfläche unter Naturschutz gestellt werden. Aktuell sind bereits 29 Prozent geschützt. Weitere Ziele sind unter anderem, dass Wälder und Auen erhalten werden sollen, sich der Bestand der Bestäuber erholen soll und ein Bewusstsein dafür geschaffen werden soll, wie sich importierte Produkte auf die heimische Biodiversität auswirken. Biodiversitätserhalt und Klimaschutz sollen zudem aufeinander abgestimmt werden. Denn das eine geht nicht ohne das andere.

Verändert sich die Umwelt, verändert sich die Artenvielfalt

Klimaschutz und Artenschutz sind eng miteinander verbunden. Veränderungen in der Umwelt wirken sich auch auf die Artenvielfalt aus. Durch die Klimakrise steigen die Temperaturen und Meeresspiegel, die Niederschläge verändern sich. Das wiederum wirkt sich auf die Lebensräume von Pflanzen und Tieren aus. Im schlimmsten Fall sterben bestimmte Arten komplett aus. Heute leben bereits 60 Prozent weniger Wirbeltiere auf der Erde als noch 1970. Bei einem Temperaturanstieg von zwei Grad könnte die Artenvielfalt um ein Viertel zurückgehen. Ein Beispiel: Dadurch dass die Temperaturen auf der Erde aufgrund der Klimakrise steigen, beginnen viele Pflanzen bereits früher zu blühen als noch vor ein paar Jahren. Bestäuber wie Bienen und Schmetterlinge können mit dem Tempo aber nicht mithalten. Obwohl sie aufeinander angewiesen sind, finden sie nicht mehr zueinander. Deshalb ist es wichtig, sowohl das Klima als auch die Biodiversität zu schützen. Um den Planeten für uns und nachfolgende Generationen als lebenswert zu erhalten.

Über die/den Autor:In

Nicole Frisch
Nicole Frisch
Nicole studiert Politikwissenschaft und Internationale Entwicklung an der Universität Wien. Das Ziel: Die Weltpolitik verstehen – und das Verstandene mit möglichst vielen Menschen teilen. Ihren Weg in den Journalismus hat sie über die NÖN gefunden. Ihre Schwerpunkte sind soziale Gerechtigkeit, Menschenrechte, Migration und Vergangenheitspolitik.

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