Konsumrausch ohne schlechtes Gewissen – dass das geht, will uns Greenwashing weismachen. Werbekampagnen pinseln Unternehmen ein grünes Image an. Für Konsument:innen ist das nicht immer leicht zu erkennen und um rechtlich dagegen vorgehen zu können, gibt es wenig Spielraum.
Eine nachhaltige Modekollektion, nicht in Plastik verpackte Bananen und grüner Atomstrom. Konsument:innen achten bei ihren Kaufentscheidungen zunehmend darauf, dass Produkte oder Dienstleistungen umweltfreundlich und fair sind. Darauf reagieren auch die Unternehmen. Häufig investieren sie aber das viele Geld nicht in umweltfreundliche und faire Produktionsprozesse, sondern in Werbe- und Marketingkampagnen. Sie verpassen sich ein grünes Image durch Werbung, nicht durch Taten.
Diese Strategie ist gemeinhin als Greenwashing bekannt. Um sich ein grünes Image zu verpassen, verbreiten Unternehmen Desinformation. Das Perfide daran: Die Desinformation muss nicht zwingend unwahr sein. Das beworbene Produkt oder eine Aktion sind in vielen Fällen sogar nachhaltig und umweltfreundlich. Allerdings ändert dies nichts daran, dass das Kerngeschäft des jeweiligen Unternehmens der Umwelt schadet. Davon lenkt man mit Greenwashing gezielt ab.
Naturbilder lösen positive Gefühle aus
Unternehmen, die der Umwelt schaden, verwenden in ihrer Werbung Bilder von unberührter Natur und vermeiden negative Begriffe wie Klimakrise und globale Erderwärmung. Das hat eine neue Studie ergeben, die von Greenpeace in Auftrag gegeben und von einem Team rund um Harvard-Forscher Geoffrey Supran durchgeführt wurde. Die Wissenschaftler:innen haben die Social Media-Posts von Öl- und Gasunternehmen, Autoherstellern und Fluglinien untersucht. Indem die Unternehmen Flüge in unberührte Naturlandschaften und Autos vor Bergkulissen zeigen, rufen sie bei den Betrachter:innen positive Gefühle hervor – und das reduziert das schlechte Gewissen.
Greenwashing geht in vielen Fällen auf
Greenwashing will uns Konsument:innen vermitteln, dass der Konsumrausch weitergehen kann wie bisher, allerdings ohne ein schlechtes Gewissen deswegen haben zu müssen. Es ist eine Strategie, die in vielen Fällen aufgeht. Denn für Laien ist sie alles andere, als einfach zu durchschauen. Zu komplex ist das Thema, zu wenig transparent die meisten Unternehmen.
In der Kommunikation von Unternehmen gibt es dennoch Anzeichen für Greenwashing:
- Viele Unternehmen verwenden gerne schwammige Begriffe wie „grün“, „nachhaltig“ und „ökologisch“. Da diese Begriffe nicht geschützt sind, muss kein Nachweis für ihre Richtigkeit erbracht werden. Häufig sind es auch kleine Details, die einen großen Unterschied machen. Zum Beispiel Kleidungsstücke „mit Bio-Baumwolle“ und „aus Bio-Baumwolle“.
- Manche Produkte werden mit Eigenschaften beworben, die selbstverständlich sind. Zum Beispiel, wenn eine Banane als plastikfrei verpackt beworben wird.
- Unternehmen bewerben ein Öko-Produkt, sind aber eigentlich nicht dafür bekannt, in ihrem Tagesgeschäft Rücksicht auf die Umwelt zu nehmen. Zum Beispiel große Modeketten, die eine nachhaltigere Kollektion rausbringen, mit allen anderen Kleidungsstücken aber weiterhin der Umwelt schaden.
Grünes Marketing muss aber nicht immer Greenwashing sein. Bei manchen Unternehmen machen nachhaltig und fair produzierte Produkte vielleicht ein Prozent aus. Wenn sie aber diesen Anteil in einem festgelegten Zeitraum steigern wollen, steckt eine langfristige Strategie dahinter.
Skeptisch bleiben und hinterfragen
Dennoch gilt es, skeptisch zu sein. Übertriebene Produktversprechen, die noch dazu mit schwammigen Begriffen formuliert wurden, sind meist ein Indiz dafür, dass Greenwashing betrieben wird. Man sollte auch immer hinterfragen, ob überhaupt alles zusammenpasst. Wie kann eine Modekette ein nachhaltig produziertes T-Shirt um wenige Euro verkaufen? Wie kann eine Flugreise klimaneutral sein? Ist man sich bei einem Unternehmen nicht sicher, kann in vielen Fällen eine Internetrecherche weiterhelfen. Zu Unternehmen, die für Greenwashing bekannt sind, hat bestimmt schon jemand etwas veröffentlicht.
Im Graubereich
Es braucht aber mehr als aufmerksame Konsument:innen. Es besteht vor allem politischer Handlungsbedarf. Aktuell befindet sich Greenwashing in einem Graubereich. Eben, weil viele Begriffe rechtlich nicht geschützt sind. Unternehmen nützen diese Gesetzeslücken aus. Aus moralischer Sicht ist diese Strategie zwar verwerflich, rechtlich dagegen vorgehen kann man im Moment aber nur schwer. Die Europäische Union plant Maßnahmen gegen Greenwashing. Kennzeichen, die fälschlicherweise Nachhaltigkeit versprechen, sollen auf die schwarze Liste des Wettbewerbsrechts gesetzt werden. Dazu zählen unter anderem vage Bezeichnungen wie „grün“ und „nachhaltig“ sowie die Kennzeichnung mit einem freiwilligen Gütesiegel, das weder von Dritten überprüft wurde, noch von Behörden stammt. Dadurch würde es rechtliche Mittel gegen Greenwashing geben.
Zudem sieht die EU ein strengeres Lieferkettengesetz vor. Unternehmen müssen in ihrem Produktionsprozess Menschenrechte schützen und negative Auswirkungen auf die Umwelt vermeiden. Weiters müssen jene Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeiter:innen einen Klimaschutzplan vorlegen.