Unmenschliche Hitze in Griechenland

Jede Spezies hat eine Klima-Nische – also eine Temperaturspanne, in der sie überleben kann. Wir Menschen sind gerade dabei, das Klima so zu verändern, dass immer mehr Regionen außerhalb unserer Klima-Nische liegen. In Griechenland erreichen die Temperaturen diesen Sommer bereits für Menschen lebensgefährliche Höhen.

Seit Anfang Juli tobt in weiten Teilen Griechenlands eine Hitzewelle. Das ist nicht nur bitter für alle Urlauber:innen, sondern vor allem eine riesige Belastung für alle Einheimischen. Am Donnerstag erreichen die Temperaturen einen neuen Höhepunkt. Weil örtlich 43 Grad übertroffen werden sollen, werden alle archäologischen Stätten zwischen 12.00 und 17.00 Uhr geschlossen – auch das Wahrzeichen Athens, die Akropolis.

Keine Arbeit in den Nachmittagsstunden

Das griechische Arbeitsministerium ordnete außerdem an, dass alle Lieferdienste während der heißen Nachmittagsstunden eingestellt werden. Auch die Arbeiten im Bereich Bauwesen wurden zu Mittag für die nächsten fünf Stunden eingestellt. Meteorologen sagten, die Temperatur könne unter der Sonne Werte von mehr als 60 Grad erreichen. Dies sei lebensgefährlich, hieß es.

Diese Temperaturen sind – wortwörtlich – unmenschlich. Jetzt schon führt die Klimakrise also zu Temperaturen in Europa, die außerhalb der menschlichen Klima-Nische liegen. Und das könnte erst der Anfang sein.

Es kommt noch mehr Hitze

Die derzeitige Politik führt weit jenseits von zwei Grad globaler Erwärmung. Bei der wahrscheinlichsten Temperaturentwicklung (plus 2,7 Grad Celsius im globalen Mittel) muss ein Drittel der Menschheit außerhalb der menschlichen Klima-Nische leben. Zum Vergleich: Derzeit leben nur rund 60 Millionen Menschen außerhalb der Nische.

Studie zur menschlichen Klima-Nische

Das berichtet ein Forscherteam im Fachjournal „Nature Sustainability“. An der Studie war auch Caroline Zimm vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien beteiligt.  Als menschliche Klima-Nische hat das Forscherteam jenen Temperaturbereich definiert, in dem Menschen in der Vergangenheit mehrheitlich lebten. Dort können zum Beispiel Nutztiere gehalten werden und Nutzpflanzen sprießen. Das ist auch heute noch wichtig. Rund zwei Milliarden Menschen weltweit sind zum Überleben auf Landwirtschaft und Viehhaltung angewiesen.

Höhere Sterblichkeit außerhalb der Klima-Nische

Das Leben außerhalb der menschlichen Klima-Nische würde vermehrt Krankheiten und eine erhöhte Sterblichkeit bedeuten, erklären die Studienautor:innen. Als gefährliche Hitze definieren sie eine Durchschnittstemperatur von 29 Grad. Besonders groß ist das Risiko in den heißen und feuchten Regionen entlang des Äquators. Dort wird Hitze schon bei niedrigeren Temperaturen lebensbedrohlich, weil sich der Körper bei hoher Luftfeuchtigkeit nicht durch Verdunstung von Schweiß auf der Haut abkühlen kann. Die Länder mit der größten Zahl an Menschen, denen laut der Studie gefährliche Hitze droht, sind demnach Indien, Nigeria und Indonesien.

„Bei jedem 0,3 Grad Celsius vermiedenem Temperaturanstieg sind 350 Millionen Menschen weniger betroffen.“

Es gibt Hoffnung

Die Modellrechnungen der neuen Studie sagen aber auch:  Bei jedem 0,3 Grad Celsius vermiedenem Temperaturanstieg sind 350 Millionen Menschen weniger betroffen. Würde das Ziel des Paris-Abkommens erreicht, die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken, wären es „nur“ 14 Prozent der Weltbevölkerung, die außerhalb der menschlichen Klima-Nische leben müssten.

Wir vertragen keine extreme Hitze, am wohlsten fühlen wir uns bei Temperaturen zwischen 22 und 26 °C.  Ohne Technik wie Klimaanlagen wären wir in heißen Regionen verloren. Technik, die den am meisten betroffenen Ländern im globalen Süden nicht im großen Stil zur Verfügung stehen wird. Selbst in Griechenland besitzt rund ein Drittel der Haushalte keine Klimageräte.

Und selbst wenn wir davon ausgehen, dass alle Menschen sich Klimaanlagen leisten können. Können sie in ihren Regionen keine Landwirtschaft betreiben und kein Vieh halten, ist eine dauerhafte Ansiedlung zwecklos. Nur wenn wir jetzt sofort mit konsequentem Klimaschutz. (RED/APA)

Über die/den Autor:In

Markus Englisch
Markus Englisch
Markus studierte TV- und Medienproduktion in Wien. Sein größter Antrieb als Journalist ist es, die Klimakrise für alle Menschen begreifbar zu machen. Zuletzt war er als Redakteur bei PULS 4 tätig und leitete das Nachhaltigkeitsmagazin KLIMAHELDiNNEN.

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