Hochwasser durch Klimakrise?

Diese Frage sitzt vielen Menschen im Nacken. Denn damit verbunden ist eine weitere, viel drängendere Frage: Hätte diese Katastrophe verhindert werden können? Die Wissenschaft hat Antworten, auch wenn sie nicht so eindeutig sind, wie wir uns das wünschen würden.

Die sogenannte Attributionsforschung untersucht, ob und wie die Klimakrise bestimmte Wetterereignisse beeinflusst hat. Sind Hitzewellen, Stürme oder eben starke Regenfälle durch die Klimakrise häufiger geworden, oder stärker? Das untersucht Douglas Maraun.

Er ist einer der führenden Klimaforscher Österreichs und hat als Leitautor am letzten Weltklimabericht der IPCC mitgeschrieben. Er lehrt und forscht am Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Universität Graz.

Zwei wissenschaftliche Lager

In der Attributionsforschung gebe es zwei Lager, erzählt uns Douglas Maraun. Die einen beschäftigen sich mit der Auftrittswahrscheinlichkeit von Extremwettern. Ihre Ergebnisse werden von Journalist:innen oft verkürzt wiedergegeben. Schlagzeilen wie „Studie zeigt: Hitzewellen im Juli ohne Klimawandel praktisch unmöglich“ stoßen ihm sauer auf, denn sie vermitteln ein falsches Bild.

Die Frage, ob es starke Regenfälle auch ohne der Klimakrise gegeben hätte, ist falsch gestellt.  „Der Klimawandel löst solche Ereignisse nicht aus, nimmt aber auf jedes einzelne Wetterereignis Einfluss“, so Maraun.

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Zuverlässigere Aussagen zur Intensität von Unwettern

Maraun gehört zum anderen Lager. Er und seine Kolleg:innen forschen zur Intensität von Wetterereignissen. Das heißt: Er stellt sich nicht die Frage, ob Unwetter häufiger werden, sondern, ob sie stärker werden. Hier ließen sich bereits zuverlässige Aussagen treffen, ist der Klimaforscher überzeugt.

Simulationen helfen der Wissenschaft

Für seine Forschungen nutzt Douglas Maraun Computersimulationen. Dazu lässt er zum Beispiel einen Computer ein echtes Unwetter eins zu eins nachspielen.

Der Computer verwendet dafür reale Messdaten von Wetterstationen, wie etwa Temperatur, Luftdruck und Luftfeuchtigkeit. „Wir konnten Ereignisse so simulieren, wie sie tatsächlich stattgefunden haben“, erzählt der Klimaforscher.

„Ein Grad Erwärmung kann Gewitter um 14 Prozent stärker machen.“

Das zeigt, wie exakt Computersimulationen arbeiten. Um nun die Auswirkungen der Klimakrise zu untersuchen, simuliert Maraun das Unwetter erneut, diesmal mit einer niedrigeren Temperatur. Anschließend vergleicht er die beiden Simulationen. „Ein Grad Erwärmung kann die Intensität eines Gewitters um 14 Prozent erhöhen“, erzählt der Forscher. Eine höhere Gewitterintensität kann größere Regenmengen bedeuten.

Auch Hangrutschungen lassen sich simulieren

Mithilfe von Simulationen untersucht Douglas Maraun auch Hangrutschungen. In einem gebirgigen Land wie Österreich gehören sie zu den größten Gefahren, die mit starkem Regen verbunden sind. In einer Studie hat er ein großes Hangrutschereignis in der Südoststeiermark untersucht. 3000 Hangrutschungen gab es dort 2009.

„Wenn der Klimawandel ungebremst weitergeht, dann wären bis zu 40 Prozent größere Flächen von Hangrutschungen betroffen“, erzählt Maraun von den Ergebnissen der Simulationen. Bei einer Erwärmung von 1,5 Grad, also jenem Anstieg, der im Pariser Klimaabkommen festgeschrieben ist, wären es nur um 10 Prozent mehr.

Die Erkenntnisse der Attributionsforschung zeigen also eines klar auf: Es macht einen Unterschied, ob wir eine Erwärmung von eineinhalb Grad oder von über drei Grad haben. Das gilt für Hochwasser genauso wie für alle anderen Extremwetterereignisse.

Klimaschutz lohnt sich

„Die Klimawandel verändert das Auftreten von Wetterlagen nur schwach“, erläutert der Klimaforscher. Seine Computersimulationen zeigen aber, dass die Klimakrise sehr wohl einen Unterschied macht. „Die spürbare Änderung passiert in der Intensität“, fasst es der Klimaforscher zusammen.

Womöglich hätte es das Hochwasser also auch ohne Klimakrise gegeben. Genau lässt sich das natürlich nicht beantworten. Aber selbst wenn die Klimakrise Hochwasser nicht direkt auslöst, sie macht es stärker.

Und das heißt für uns: Wir müssen alles denkbar Mögliche tun, um die Klimakrise abzuschwächen. Denn mit jedem Zehntel Grad, um das es wärmer wird, wird unser Wetter extremer. Noch haben wir es in der Hand, das zu verhindern.

Anmerkung der Redaktion: Das Interview mit Douglas Maraun ist im Oktober 2023 erschienen und wurde im September 2024 adaptiert und neu veröffentlicht.

Über die/den Autor:In

Markus Englisch
Markus Englisch
Markus studierte TV- und Medienproduktion in Wien. Sein größter Antrieb als Journalist ist es, die Klimakrise für alle Menschen begreifbar zu machen. Zuletzt war er als Redakteur bei PULS 4 tätig und leitete das Nachhaltigkeitsmagazin KLIMAHELDiNNEN.

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