Der Mensch ist kein Wüstenfuchs

Jede Spezies hat eine Klima-Nische – also eine Temperaturspanne, in der sie überleben kann. Wir Menschen sind gerade dabei, das Klima so zu verändern, dass immer mehr Regionen außerhalb unserer menschlichen Klima-Nische liegen. Das muss aufhören!

Als Nicht-Biologe sieht man es dem Wüstenfuchs nicht gleich an, aber sein Körper ist perfekt an die extreme Hitze der Sahara angepasst. Sein silbriges Fell reflektiert das Sonnenlicht und seine großen Ohren kühlen ihn. Sein Stoffwechsel kommt mit winzigen Mengen an Wasser aus und an den Fußsohlen wachsen Haare, damit er sich am heißen Sandboden nicht verbrennt. Wird es dem Wüstenfuchs mal doch zu heiß, dann gräbt er sich tief im Sand ein.

„2,7 Grad Erderwärmung bringen einem Drittel der Weltbevölkerung unmenschliche Temperaturen.“

Immer mehr Hitze kommt auf uns zu

Der Wüstenfuchs kann mit Hitze umgehen, wir Menschen nicht. Das Problem ist allerdings: Die Klimakrise wird viel Hitze bringen, wenn wir nicht handeln. Die derzeitige Politik führt weit jenseits von zwei Grad globaler Erwärmung. Bei der wahrscheinlichsten Temperaturentwicklung (plus 2,7 Grad Celsius im globalen Mittel) muss ein Drittel der Menschheit außerhalb der menschlichen Klima-Nische leben. zum Vergleich: Derzeit leben nur rund 60 Millionen Menschen außerhalb der Nische.

Menschen können nicht in jedem Klima leben

Das berichtet ein Forscherteam im Fachjournal „Nature Sustainability“. An der Studie war auch Caroline Zimm vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien beteiligt.  Als menschliche Klima-Nische hat das Forscherteam jenen Temperaturbereich definiert, in dem Menschen in der Vergangenheit mehrheitlich lebten. Dort können zum Beispiel Nutztiere gehalten werden und Nutzpflanzen sprießen. Das ist auch heute noch wichtig. Rund zwei Milliarden Menschen weltweit sind zum Überleben auf Landwirtschaft und Viehhaltung angewiesen.

Höhere Sterblichkeit außerhalb der Klima-Nische

Das Leben außerhalb der menschlichen Klima-Nische würde vermehrt Krankheiten und eine erhöhte Sterblichkeit bedeuten, erklären die Studienautor:innen. Als gefährliche Hitze definieren sie eine Durchschnittstemperatur von 29 Grad. Besonders groß ist das Risiko in den heißen und feuchten Regionen entlang des Äquators. Dort wird Hitze schon bei niedrigeren Temperaturen lebensbedrohlich, weil sich der Körper bei hoher Luftfeuchtigkeit nicht durch Verdunstung von Schweiß auf der Haut abkühlen kann. Die Länder mit der größten Zahl an Menschen, denen laut der Studie gefährliche Hitze droht, sind demnach Indien, Nigeria und Indonesien.

„Bei jedem 0,3 Grad Celsius vermiedenem Temperaturanstieg sind 350 Millionen Menschen weniger betroffen.“

Es gibt Hoffnung

Die Modellrechnungen der neuen Studie sagen aber auch:  Bei jedem 0,3 Grad Celsius vermiedenem Temperaturanstieg sind 350 Millionen Menschen weniger betroffen. Würde das Ziel des Paris-Abkommens erreicht, die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken, wären es „nur“ 14 Prozent der Weltbevölkerung, die außerhalb der menschlichen Klima-Nische leben müssten.

Der Mensch ist kein Wüstenfuchs. Wir vertragen keine extreme Hitze, am wohlsten fühlen wir uns bei Temperaturen zwischen 22 und 26 °C.  Ohne Technik wie Klimaanlagen wären wir in heißen Regionen verloren. Technik, die den am meisten betroffenen Ländern im globalen Süden nicht im großen Stil zur Verfügung stehen wird. Und selbst wenn: Können wir in einer Region keine Landwirtschaft betreiben und kein Vieh halten, ist eine dauerhafte Ansiedlung zwecklos. Denn im Gegensatz zum Wüstenfuchs können wir uns nicht einfach eingraben, um die Hitze auszusitzen. Wir müssen sie verhindern, solange es noch geht. (RED/APA)

Über die/den Autor:In

Markus Englisch
Markus Englisch
Markus studierte TV- und Medienproduktion in Wien. Sein größter Antrieb als Journalist ist es, die Klimakrise für alle Menschen begreifbar zu machen. Zuletzt war er als Redakteur bei PULS 4 tätig und leitete das Nachhaltigkeitsmagazin KLIMAHELDiNNEN.

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